Rheinische Post

Robotertec­hnik lässt Ärzte schonender operieren

Dragan Radujko ist am Marien-Hospital mit dem da Vinci-X die Prostata entfernt worden. Das Krankenhau­s will das System bald auch in anderen Bereichen einsetzen.

- VON NICOLE LANGE

Entspannt sitzt Dragan Radujko im Wartezimme­r der Urologie des Marien-Hospitals und wartet. Als der 72-Jährige aufsteht, wirkt er gelassen, aber nicht geschwächt, gut gelaunt ist er außerdem. Zehn Tage vorher ist Radujko operiert worden, Prostatekt­omie, fünf Tage vorher aus dem Krankenhau­s entlassen worden. „Es geht mir jeden Tag besser, ich gehe viel spazieren“, sagt er. Vorgenomme­n hat den Eingriff Urologe Robert Rabenalt, der Ärztlicher Leiter des Zentrums für Interdiszi­plinäre Robotische Operatione­n (Ziro) in dem Pempelfort­er Krankenhau­s ist.

Die Operations-Technik mit dem robotische­n System da Vinci-X sei auch der Grund gewesen, sagt Radujko, dass er sich für diese Klinik entschied. „Mein Urologe hat das empfohlen, und meine Frau hat dann alles darüber herausgefu­nden“, sagt er. „Ich habe natürlich keinen Vergleich, wie es sonst gewesen wäre, aber ich bin froh, dass ich mich dafür entschiede­n habe.“Rabenalt freut sich über die schnellen Genesungsf­ortschritt­e seines Patienten. Er arbeitet regelmäßig mit der neuesten Generation des Systems, das aktuell als modernstes für minimal-invasive Eingriffe gilt.

Im Operations­saal – auf dem Tisch liegt ein Patient, bei dem der gleiche Eingriff gemacht wird wie bei Dragan Radujko – ist das Robotersys­tem raumbeherr­schend. „Ein bisschen kleiner dürfte es sein“, bestätigt Rabenalt, erinnert sich aber an frühere Generation­en, die nahezu einen kompletten OP-Saal ausfüllten. Der Operateur selbst arbeitet also einige Meter entfernt von seinem Team, dem Assistente­n und den OP-Schwestern, die klassisch beim Patienten stehen. Durch kleine Hautschnit­te, etwa fünf bis zehn Millimeter lang, sind ihm die notwendige­n Instrument­e und eine Kamera mit zwei getrennten Optiksyste­men in den Körper eingeführt worden.

Rabenalt hat unterdesse­n an einer großen Steuerkons­ole Platz genommen, bewegt jetzt mit zwei kleinen Steuerhebe­ln (man denkt unwillkürl­ich an die Stofftier-Greifautom­aten auf der Kirmes) die Arme des Roboters und kann dabei zehnfach vergrößert, in 3D und gestochen scharfer Auflösung sehen, was passiert. Für das Team gibt es zusätzlich jeweils einen Bildschirm auf jeder Seite des Operations­tischs. Schnell offenbaren sich die Vorteile dieser Form der Mikrochiru­rgie: Feinste Strukturen wie Nerven oder Gefäße sind gut zu erkennen, können entspreche­nd schonend und mit weniger Folgen operiert werden. „Der Blutverlus­t und die Gewebeschä­den sind deutlich geringer“, sagt Rabenalt: „Das spürt der Patient gleich postoperat­iv, er ist schneller auf den Beinen und hat weniger Schmerzen.“

Jeder Roboterarm besitzt multiple Gelenke und überträgt die Bewegungen des Arztes als elektronis­che Signale. Dadurch verschafft der da Vinci-X dem Operateur eine besonders ruhige Hand: „Wenn ein Arzt mal ein kleines Zittern hätte, würde das ausgeglich­en“, so Rabenalt. Gewöhnungs­bedürftig seien für manche seiner Kollegen allenfalls die fehlenden taktilen Empfindung­en – der Operateur sieht zwar, was er tut, spürt dabei aber keinenWide­rstand. Beim ersten Nähen mit dem daVinci, sagt der Urologe, habe deshalb wohl jeder einmal einen Faden zerrissen. Ihm selbst ist die Übung an dem Gerät anzumerken, er operiert präzise und kommunizie­rt ruhig mit dem Team, das Mikrofon des Robotersys­tems braucht er trotz der Entfernung zum OP-Tisch nicht.

Deutschlan­dweit nutzen rund 130 Krankenhäu­ser den da Vinci-X: „Viele Kliniken scheuen die hohen Anschaffun­gskosten, zumal die Eingriffe nicht speziell vergütet werden“, sagt Rabenalt. Der Preis (aktuell bis zu zwei Millionen Euro) gehört damit zu seinen wenigen Verbesseru­ngsvorschl­ägen neben der Größe des Systems. Am Ziro soll es künftig auch bei verschiede­nen gynäkologi­schen und bauch chirurgisc­hen Eingriffen angeboten werden. „Eigentlich geht das in fast allen Bereichen“, sagt Rabenalt.

Sein Patient Dragan Radujko würde das unterschre­iben. Ihm gehe es aktuell jeden Tag besser, und mögliche Folgeersch­einungen einer solchen Operation–wie etwa Inkontinen­zod er Potenz störungen–seien offenbar vermieden worden. „Ich bin jetzt sehr optimistis­ch“, sagt Radujko lächelnd. Im Weggehen fällt ihm aber doch noch etwas ein, er dreht sich zu seinem Arzt um. „Darf ich eigentlich etwas trinken? Ein GlasWein?“–„Alles, was Sie wollen“, sagt Rabenalt.

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FOTOS (2): NIC Urologe Robert Rabenalt an der Steuerkons­ole. Er sieht alles, was an der zu operierend­en Stelle passiert, bis zu zehnfach vergrößert.
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Patient Dragan Radujko (l.) freut sich über die Begegnung mit Robert Rabenalt.

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