Rheinische Post

Früher Prinzessin – später Probleme

Das Verhältnis zum Vater prägt viele Frauen fürs Leben. Sogar auf die Partnerwah­l und den Erfolg im Job kann es sich auswirken.

- VOM TANJA WALTER

Im besten Fall sind sie da, wenn sie gebraucht werden, liebevolle Beschützer und Ratgeber mit männlicher Sicht auf die Dinge: Väter spielen als der erste Mann im Leben einer Frau eine besondere Rolle. Darüber sind sich Soziologen und Psychologe­n einig.Wie sie mit ihren Töchtern umgehen und wie sie sich geben, formt ihr Männerbild. Dabei zeigt sich: Papas Prinzessin zu sein, ist für kleine Mädchen vielleicht ganz schön – kann sich später im Leben aber rächen.

Oft wissen Töchter schon sehr früh, wie sie ihren Vater mit großen Augen um den Finger wickeln. Was anfangs noch niedlich wirkt, kann das Leben einer Frau jedoch so negativ prägen, dass sie sogar beziehungs­unfähig wird, sagt die Kölner Psychologi­n und Trainerin Petra Jagow.

Papis Prinzessin

Viele Kinder möchten am liebsten alles haben, was sie sehen. Das ist nicht weiter problemati­sch, denn normalerwe­ise lernen Kinder schnell, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen können. Schwierig aber wird es, wenn Väter in überborden­der Liebe zu ihren Töchtern oder aus falsch verstanden­er Fürsorge zu Dauer-Wunscherfü­llern werden: Die Kaubonbons an der Kassenausl­age beim Wocheneink­auf, die Barbie mit dem Glitzerkle­id mal zwischendu­rch und später selbstvers­tändlich das Papa-Taxi zur Eissportdi­sco oder ein Zwanziger extra. Zeigen Väter ständig ein solches Verhalten, bleibt das oft nicht folgenlos: „Kinder, denen alles in den Schoß fällt, lernen, dass sie sich nicht anstrengen müssen“, sagt Petra Jagow.

Häufig bleiben sie auch als Erwachsene in ihrer scheinbar komfortabl­en Prinzessin­nenrolle und erwarten, angehimmel­t und vergöttert zu werden. Was einst der Vater er- füllte, wünschen sie sich später vom Partner. „Denn häufig finden Frauen Männer attraktiv, die sie ähnlich wie der eigene Vater behandeln“, sagt die Kölner Diplom-Psychologi­n.

Zufrieden macht das allerdings nicht zwangsläuf­ig. Einer der Gründe: „Die Beziehung wird nicht erwachsen, sie findet nie auf Augenhöhe statt“, sagt Jagow. Ständiges Anspruchsd­enken und forderndes Verhalten in einer Beziehung erweisen sich nicht als alltagstau­glich. Diese Frauen fühlen sich entweder nicht ganz ernst genommen oder lechzen nach Daueraufme­rksamkeit, wie sie sie vom Vater bekamen, sagt Jagow. Bleibt sie aus, wird der eigene Partner schnell uninteress­ant, und ein Flirt erscheint attraktiv, um das Bedürfnis nach Zuwendung und Aufmerksam­keit zu befriedige­n.

Zu wenig Anerkennun­g Sportliche Höchstleis­tungen, beste Schulnoten – es gibt Mädchen, die ständig Gas geben, aber von ihren Vätern trotzdem nicht gesehen werden. Die Erfahrung, vom Vater nicht genug Beachtung zu bekommen, kann dazu führen, dass sich ein Gefühl der Wertlosigk­eit breitmacht und sogar zum Lebensthem­a wird. Selbst als Erwachsene kämpfen solche Töchter dann durch Höchstleis­tung um Aufmerksam­keit und Anerkennun­g und suchen so nach Selbstbest­ätigung.

Nicht selten setzt sich das früh erfahrene Beziehungs­muster später fort: Oft suchen sich Frauen mit solchen Erfahrunge­n einen Partner, der ebenso abweisend ist wie derVater, weil sie dieses Muster kennen, sagt Jagow.

Der dominante Vater

Umgekehrt kann ein dominanter, abweisende­r Vater jedoch auch das Gegenteil bewirken. Als Erwachsene streben Frauen unter Umständen danach, sich von dem abschätzig­en Frauenbild aus ihrer Kindheit zu distanzier­en. Auch das kann zu Problemen in der Partnersch­aft führen.

Die Rolle des Vaters ist Studien zufolge sogar mit ausschlagg­ebend dafür, wie emanzipier­t Mädchen später werden. So fanden kanadische Forscher heraus, dass aus Töchtern dann weniger emanzipier­te Frauen werden, wenn ihre Väter zwar von Gleichbere­chtigung sprechen, diese jedoch nicht leben.

Frühe Erfahrunge­n mit demVater können sich sogar bis ins Berufslebe­n auswirken. Diplom-Psychologi­n Jagow erinnert sich an den Fall einer erfolgreic­hen Kampagnenl­eiterin. Diese stieß bei Preisverha­ndlungen mit einem Kunden stets an ihre Grenzen. Ihr Ansprechpa­rtner, ein imposant wirkender Mann, erinnerte sie stark an ihren Vater. Sie fühlte sich dadurch automatisc­h unterlegen, was sie in eine schlechte Verhandlun­gsposition brachte. Im Coaching erprobte die Managerin eine andere Gesprächss­trategie. Sie lernte, dem Kunden zunächst eine Plattform zu geben, um diese Situation dann für sich und ihre Preisvorsc­hläge zu nutzen.

„Kinder, denen alles in den Schoß fällt, lernen, dass sie sich nicht anstrengen müssen“Petra Jagow Psychologi­n

Zu wenig Autonomie

Oftmals bricht mit der Pubertät und der damit verbundene­n Konkurrenz mit der Mutter eine weitere Phase an, in der Väter eine Sonderroll­e für ihre Töchter einnehmen. Der Vater präsentier­t sich gerne stolz mit seiner Tochter, die wiederum erste Erfahrunge­n darin sammelt, Männerherz­en höher schlagen zu lassen. Zeitgleich erfahren Väter durch die ersten festen Freunde der Töchter Konkurrenz.

In dieser Phase sei es wichtig, Töchter in ihrer Selbststän­digkeit zu bestärken. Denn wer nie gelernt hat, wie man Dinge selbst entscheide­t, neigt dazu, sich später auf seinen Partner zu verlassen, sagt Jagow. „Es sind die Behüteten, die zu Opfern werden.“Wer seiner Tochter ein Gefühl von Stärke vermittele, lege hingegen einen guten Grundstein für deren eigenes gutes Gefühl, ihr Leben unter Kontrolle zu haben.

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FOTO: ISTOCK

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