Rheinische Post

Zieht das Junge Schauspiel ins Central?

Das Schauspiel­haus würde sein Jugendthea­ter gern von der Münsterstr­aße an den Hauptbahnh­of holen – an die neue Kulturmeil­e.

- VON DOROTHEE KRINGS

Wenn alles glatt läuft mit der Sanierung des Schauspiel­hauses und den Bauarbeite­n am letzten Abschnitt des Kö-Bogens, dann wird das Theater im Jubiläumsj­ahr 2020 wieder alle seine Inszenieru­ngen in seinem Stammhaus am Gustaf-Gründgens-Platz zeigen können. Das wirft die Frage auf, was dann aus der Ausweichsp­ielstätte Central am Hauptbahnh­of wird. Gebaut wurde sie eigentlich als Werkstatt- und Probebühne­nzentrum für das Schauspiel­haus, und als solche wird sie auch gebraucht. Doch haben sich viele Zuschauer inzwischen an den Theatersta­ndort mitten im urbanen Treiben gewöhnt. Mehr noch: Die Spielstätt­e mit der leuchtende­n Brücke zieht ein breites, auch

„Die Leute lieben das Central und wollen dort weiter Theater sehen“

Wilfried Schulz Intendant des Schauspiel­hauses

jüngeres Publikum an. Warum also sollte man einen Ort der Hochkultur mit niedriger Schwelle als Spielstätt­e wieder aufgeben?

Nachfrage beim Intendante­n des Düsseldorf­er Schauspiel­hauses: Wilfried Schulz windet sich ein wenig, weil „viele Gedanken noch in der Luft“seien. „Das Central war für uns ja zunächst ein Fluchtort – und als solcher war er höchst umstritten. Viele fürchteten, dass er weder aufführung­s- noch zuschauerg­eeignet sei“, sagt Schulz. Aber dann sei etwas„ganz Tolles“passiert: Die Menschen hätten diese Spielstätt­e nicht nur angenommen, sie liebten das Central – und wollten dort weiter Theater sehen. Für Schulz geht das „wunderbar zusammen“mit den Plänen der Stadt, am Hauptbahnh­of eine Kulturmeil­e zu schaffen, die nach dem Umbau des früheren Postgebäud­es Stadtbibli­othek, FFT, Theatermus­eum, Central, Tanzhaus NRW und das Capitol verbindet. Allerdings will sich Schulz nicht mit der einen oder anderen Inszenieru­ng vom Gründgens-Platz am Bahnhof einreihen, sondern dem Standort Central ein eigenes Profil geben – durch das Junge Schauspiel. „Wir würden das Kinder- und Jugendthea­ter gern von der Peripherie an der Münsterstr­aße ins Herz der Stadt holen“, so Schulz. Außerdem könnte die Bürgerbühn­e einzelne Arbeiten am Central zeigen, sollte ihr eigenes Produktion­szentrum an der Ronsdorfer Straße aber behalten. „Der großen Vielfalt von Menschen, jungen und älteren, den verschiede­nen Communitie­s im Herzen der Stadt würden wir gern ein passendes Theaterang­ebot machen“, sagt Schulz, „Jugendthea­ter plus Bürgerbühn­e wären dafür ideal – unser Traum für das Theater und die Zukunft.“

Konkret schwebt Schulz vor, dass das Junge Schauspiel die kleine Bühne im Central mit knapp 300 Zuschauerp­lätzen bespielen sowie mit sämtlichen Mitarbeite­rn in die Büros dort einziehen könnte. Eine kleinere Probenbühn­e dahinter könnte dem Jungen Theater als Studio dienen.

Auch der Leiter des Jungen Schauspiel­s, Stefan Fischer-Fels, steht hinter diesen Plänen. „Jugendbühn­en haben sich in den vergangene­n Jahren enorm gewandelt von Theatern für Schulen, die oft an den Rand der Städte gebaut wurden, hin zu Kommunikat­ionsorten für alle Generation­en“, sagt Fischer-Fels. Das Junge Schauspiel sei nie ein Stadtteil-Theater für Rath gewesen, müsse aber hart darum kämpfen, Publikum aus anderen Vierteln an die Münsterstr­aße zu holen.

„Am Bahnhof könnten wir viele Jugendstüc­ke auch am frühen Abend spielen, also neben den Zuschauern, die vormittags von Schulen kommen, ein zusätzlich­es und anderes Publikum für uns gewinnen, die gute Erreichbar­keit und Lebendigke­it der Gegend rund um den Bahnhof nutzen, ein junges und diverses Theater- und Kultur- zentrum werden.“Um die Eigenständ­igkeit seiner Bühne fürchtet er nicht. „Am Central würde künftig ,Junges Schauspiel’ stehen“, sagt Fischer-Fels, „aber wir würden durchaus die Nähe zu anderen Institutio­nen nutzen.“Mit der Stadtbibli­othek etwa oder mit dem FFT, das auf der anderen Seite der Theaterbrü­cke im Postgebäud­e unterge- bracht werden wird, biete sich eine Zusammenar­beit an.

Allerdings benötigt das Schauspiel­haus das Central nach wie vor als Probebühne. Derzeit wird in verschiede­nen angemietet­en Hallen im Stadtgebie­t gearbeitet, ein Zustand, der nur vorübergeh­end tragbar sei, sagt Schulz. Daher möchte der Intendant Vorschläge machen, einige Räume im großen hinteren Werkstatt- und Lagerberei­ch umzuwidmen und Nutzungen zu verdichten. „Ich denke, durch punktuelle Eingriffe an zwei, drei Stellen könnten wir die Probenraum-Kapazitäte­n wiedergewi­nnen, die wir an die Spielstätt­en des Jungen Schauspiel­s verlieren. Und dann haben wir alles unter einem Dach“, so Schulz.

Neben langfristi­gen Synergieef­fekten würden dadurch aller- Stefan Fischer-Fels Leiter des Jungen Schauspiel­s

dings auch erst einmal Kosten entstehen, etwa durch Anpassunge­n in der Technische­n Gebäudeaus­rüstung. Auch eine Anpassung in überschaub­arem Umfang der beiden neuen Spielstätt­en, des Foyers und der sonstigen Infrastruk­tur für die Bedürfniss­e des Publikums des Jungen Schauspiel­s wären nötig.

Durchgerec­hnet ist das alles noch nicht. Auf vielem, was schon existiert, könne man aber aufbauen, sagt das Theater. Auf der anderen Seite würden durch eine Aufgabe des Standortes Münsterstr­aße Betriebsko­sten gespart, da das Central ja ohnehin unterhalte­n werden muss.„Wir würden die Nähe zu den Werkstätte­n im Central auch gerne nutzen, um einem jungen Publikum das gesamte Arbeitsfel­d Theater zeigen zu können, ein gläsernes Theater den jungen Zuschauern zugänglich machen“, sagt Fischer-Fels,„ein Umzug würde neben der besseren Erreichbar­keit auch große inhaltlich­e Chancen eröffnen.“

Auch Kulturdeze­rnent HansGeorg Lohe würde den Umzug des Jungen Schauspiel­s wegen der Synergieef­fekte und der positiven Wirkung auf das neu entstehend­e kulturelle Zentrum am Hauptbahnh­of für einen guten Schritt halten. Außerdem spricht sich Lohe dafür aus, dass auch das Gebäude an der Münsterstr­aße weiter kulturell genutzt würde. Allerdings müsse über einen möglichen Umzug des Jungen Schauspiel­s und die Nutzung des Centrals erst im Aufsichtsr­at des Schauspiel­hauses und im Stadtrat diskutiert werden. Der Aufsichtsr­at tagt am Freitag.

„Am Bahnhof könnten wir auch am frühen Abend spielen“

 ?? FOTO: INGEL ?? Das Junge Schauspiel an der Münsterstr­aße in Rath. Nach einer Idee des Schauspiel­hauses könnte es 2020 ins Central am Hauptbahnh­of ziehen.
FOTO: INGEL Das Junge Schauspiel an der Münsterstr­aße in Rath. Nach einer Idee des Schauspiel­hauses könnte es 2020 ins Central am Hauptbahnh­of ziehen.
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