Zieht das Junge Schauspiel ins Central?
Das Schauspielhaus würde sein Jugendtheater gern von der Münsterstraße an den Hauptbahnhof holen – an die neue Kulturmeile.
Wenn alles glatt läuft mit der Sanierung des Schauspielhauses und den Bauarbeiten am letzten Abschnitt des Kö-Bogens, dann wird das Theater im Jubiläumsjahr 2020 wieder alle seine Inszenierungen in seinem Stammhaus am Gustaf-Gründgens-Platz zeigen können. Das wirft die Frage auf, was dann aus der Ausweichspielstätte Central am Hauptbahnhof wird. Gebaut wurde sie eigentlich als Werkstatt- und Probebühnenzentrum für das Schauspielhaus, und als solche wird sie auch gebraucht. Doch haben sich viele Zuschauer inzwischen an den Theaterstandort mitten im urbanen Treiben gewöhnt. Mehr noch: Die Spielstätte mit der leuchtenden Brücke zieht ein breites, auch
„Die Leute lieben das Central und wollen dort weiter Theater sehen“
Wilfried Schulz Intendant des Schauspielhauses
jüngeres Publikum an. Warum also sollte man einen Ort der Hochkultur mit niedriger Schwelle als Spielstätte wieder aufgeben?
Nachfrage beim Intendanten des Düsseldorfer Schauspielhauses: Wilfried Schulz windet sich ein wenig, weil „viele Gedanken noch in der Luft“seien. „Das Central war für uns ja zunächst ein Fluchtort – und als solcher war er höchst umstritten. Viele fürchteten, dass er weder aufführungs- noch zuschauergeeignet sei“, sagt Schulz. Aber dann sei etwas„ganz Tolles“passiert: Die Menschen hätten diese Spielstätte nicht nur angenommen, sie liebten das Central – und wollten dort weiter Theater sehen. Für Schulz geht das „wunderbar zusammen“mit den Plänen der Stadt, am Hauptbahnhof eine Kulturmeile zu schaffen, die nach dem Umbau des früheren Postgebäudes Stadtbibliothek, FFT, Theatermuseum, Central, Tanzhaus NRW und das Capitol verbindet. Allerdings will sich Schulz nicht mit der einen oder anderen Inszenierung vom Gründgens-Platz am Bahnhof einreihen, sondern dem Standort Central ein eigenes Profil geben – durch das Junge Schauspiel. „Wir würden das Kinder- und Jugendtheater gern von der Peripherie an der Münsterstraße ins Herz der Stadt holen“, so Schulz. Außerdem könnte die Bürgerbühne einzelne Arbeiten am Central zeigen, sollte ihr eigenes Produktionszentrum an der Ronsdorfer Straße aber behalten. „Der großen Vielfalt von Menschen, jungen und älteren, den verschiedenen Communities im Herzen der Stadt würden wir gern ein passendes Theaterangebot machen“, sagt Schulz, „Jugendtheater plus Bürgerbühne wären dafür ideal – unser Traum für das Theater und die Zukunft.“
Konkret schwebt Schulz vor, dass das Junge Schauspiel die kleine Bühne im Central mit knapp 300 Zuschauerplätzen bespielen sowie mit sämtlichen Mitarbeitern in die Büros dort einziehen könnte. Eine kleinere Probenbühne dahinter könnte dem Jungen Theater als Studio dienen.
Auch der Leiter des Jungen Schauspiels, Stefan Fischer-Fels, steht hinter diesen Plänen. „Jugendbühnen haben sich in den vergangenen Jahren enorm gewandelt von Theatern für Schulen, die oft an den Rand der Städte gebaut wurden, hin zu Kommunikationsorten für alle Generationen“, sagt Fischer-Fels. Das Junge Schauspiel sei nie ein Stadtteil-Theater für Rath gewesen, müsse aber hart darum kämpfen, Publikum aus anderen Vierteln an die Münsterstraße zu holen.
„Am Bahnhof könnten wir viele Jugendstücke auch am frühen Abend spielen, also neben den Zuschauern, die vormittags von Schulen kommen, ein zusätzliches und anderes Publikum für uns gewinnen, die gute Erreichbarkeit und Lebendigkeit der Gegend rund um den Bahnhof nutzen, ein junges und diverses Theater- und Kultur- zentrum werden.“Um die Eigenständigkeit seiner Bühne fürchtet er nicht. „Am Central würde künftig ,Junges Schauspiel’ stehen“, sagt Fischer-Fels, „aber wir würden durchaus die Nähe zu anderen Institutionen nutzen.“Mit der Stadtbibliothek etwa oder mit dem FFT, das auf der anderen Seite der Theaterbrücke im Postgebäude unterge- bracht werden wird, biete sich eine Zusammenarbeit an.
Allerdings benötigt das Schauspielhaus das Central nach wie vor als Probebühne. Derzeit wird in verschiedenen angemieteten Hallen im Stadtgebiet gearbeitet, ein Zustand, der nur vorübergehend tragbar sei, sagt Schulz. Daher möchte der Intendant Vorschläge machen, einige Räume im großen hinteren Werkstatt- und Lagerbereich umzuwidmen und Nutzungen zu verdichten. „Ich denke, durch punktuelle Eingriffe an zwei, drei Stellen könnten wir die Probenraum-Kapazitäten wiedergewinnen, die wir an die Spielstätten des Jungen Schauspiels verlieren. Und dann haben wir alles unter einem Dach“, so Schulz.
Neben langfristigen Synergieeffekten würden dadurch aller- Stefan Fischer-Fels Leiter des Jungen Schauspiels
dings auch erst einmal Kosten entstehen, etwa durch Anpassungen in der Technischen Gebäudeausrüstung. Auch eine Anpassung in überschaubarem Umfang der beiden neuen Spielstätten, des Foyers und der sonstigen Infrastruktur für die Bedürfnisse des Publikums des Jungen Schauspiels wären nötig.
Durchgerechnet ist das alles noch nicht. Auf vielem, was schon existiert, könne man aber aufbauen, sagt das Theater. Auf der anderen Seite würden durch eine Aufgabe des Standortes Münsterstraße Betriebskosten gespart, da das Central ja ohnehin unterhalten werden muss.„Wir würden die Nähe zu den Werkstätten im Central auch gerne nutzen, um einem jungen Publikum das gesamte Arbeitsfeld Theater zeigen zu können, ein gläsernes Theater den jungen Zuschauern zugänglich machen“, sagt Fischer-Fels,„ein Umzug würde neben der besseren Erreichbarkeit auch große inhaltliche Chancen eröffnen.“
Auch Kulturdezernent HansGeorg Lohe würde den Umzug des Jungen Schauspiels wegen der Synergieeffekte und der positiven Wirkung auf das neu entstehende kulturelle Zentrum am Hauptbahnhof für einen guten Schritt halten. Außerdem spricht sich Lohe dafür aus, dass auch das Gebäude an der Münsterstraße weiter kulturell genutzt würde. Allerdings müsse über einen möglichen Umzug des Jungen Schauspiels und die Nutzung des Centrals erst im Aufsichtsrat des Schauspielhauses und im Stadtrat diskutiert werden. Der Aufsichtsrat tagt am Freitag.
„Am Bahnhof könnten wir auch am frühen Abend spielen“