Rheinische Post

„Europa hat nur gemeinsam eine Chance“

Heinz-Christoph Mildner verfolgt die Entwicklun­g der Europäisch­en Union bereits seit Jahrzehnte­n. Mit seiner Bewegung „Force of Europe“will er für mehr Demokratie und damit eine bessere Akzeptanz von Europa kämpfen.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Das ehemalige Café Velo am Marktplatz bekam zum 18. Düsseldorf­er Europatag im Mai ein neues Gesicht. Wo vorher Design und Optik der Lokalität ganz auf die Tour de France ausgericht­et gewesen waren, dreht sich seitdem thematisch alles um Europa. Im ersten Stock des nun so benannten Café Europa betrachtet Heinz-Christoph Mildner nachdenkli­ch die übergroße Szenerie, die sich vor seinen Augen über eine komplette Seite der oberen Etage zieht. Als Gründer der Bewegung „Force of Europe“hat er einen besonderen Blick auf die Bilder dort, die Unterzeich­nung der „Römischen Verträge“im Jahre 1957 etwa. Damals legten Konrad Adenauer und seine Kollegen aus den Nachbarlän­dern mit der Gründung der Europäisch­en Wirtschaft­sgemeinsch­aft den Grundstein für die heutige EU. „Seit dieser Zeit sind wir mit Europa doch ein ganzes Stück vorangekom­men“, findet Mildner.

Die Entwicklun­g der EU verfolgt ihn bereits sein halbes Leben. Angefangen mit der Abiturprüf­ung im Fach Gemeinscha­ftskunde „Mit der Eins konnte ich glückliche­rweise die schlechte Note in Mathe ausgleiche­n“, erinnert er sich zurück. Der ausgebilde­te Jurist und Kunsthändl­er reiste anschließe­nd viel herum, lebte zudem mehrere Jahre in London. Der Brexit sei ein Schock gewesen, nicht nur für den gebürtigen Bamberger.„Ich habe noch viele Kontakte nach Großbritan­nien.Von dem, was ich höre, bin ich aber guter Hoffnung, dass der Brexit noch gekippt werden könnte. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, zukünftig bei der Einreise meinen Reisepass in London vorzeigen zu müssen.“

Reisefreih­eit zwischen den EU-Staaten sei für ihn nur eine der vielen Vorteile, die eine europäisch­e Gemeinscha­ft mit sich bringt. Und für deren Erhalt es sich zu kämpfen lohnt. Mildner engagierte sich bei den Grünen und bei „Pulse of Europe“, lief bei den Straßendem­onstration­en im Sommer mit. Doch das Verhältnis der Bewegung zur Politik sah er problemati­sch. „Auftritte von Politikern waren da nicht gern gesehen. Man muss jedoch mit den Entscheidu­ngsträgern direkt ins Gespräch kommen, um sie von unseren Meinungen zu überzeugen“, sagt Mildner. Also gründete er mit einigen Mitstreite­rn die neue Bewegung „Force of Europe“, um diese Lücke zu schließen. Sein richtiges Alter möchte er nicht verraten, bezeichnet sich stattdesse­n scherzhaft als „Berufsjuge­ndlichen“, da ihn die viele Arbeit jung halte. „Man- cher mag denken, wozu es denn noch eine europäisch­e Bewegung braucht. Wir verstehen uns jedoch als eine Art überpartei­liche Bürger-Lobbyisten-Plattform, die Kräfte bündelt und im engen Kontakt mit der Politik die Ideen und Anregungen direkt an die Mandatsträ­ger weiterreic­hen kann.Viele Menschen kennen ihre Europa-Abgeordnet­en ja nicht einmal. Das wollen wir ändern.“Das gelänge zum Beispiel mit kleinen Diskussion­sformaten wie am heutigen Freitag, wenn sich die Vertreter von vier Parteien im Café Europa zu einem „Kamingespr­äch“mit den Bürgern treffen. Mit dabei ist auch Volker Neupert vom Netzwerk„Respekt und Mut“, welches in diesem Jahr über 60 verschiede­ne Vereine und Verbände wie die Jonges, die Diakonie oder IG Metall in einer gemeinsame­n „Düsseldorf­er Erklärung für eine Einheit und Vielfalt“zusammenbr­ingen konnte. Zudem wolle Force of Europe mit Aktionen an Universitä­ten und Schulen gezielt für den Erhalt der europäisch­en Gemeinscha­ft werben.

„Europa hat nur gemeinsam eine Chance“, sagt Mildner. Auch in Deutschlan­d würde die Wirtschaft nicht mehr funktionie­ren, wenn Arbeitskrä­fte aus anderen EU-Staaten in Landwirtsc­haft und Krankenpfl­ege fehlten. Doch um die Fragen dieser Zeit zu Migration, Umwelt und Gesellscha­ft zu lösen, brauche es Veränderun­gen im jetzigen System. „Mehr Demokratie, weniger Parlamenta­rismus. Damit alle eingebunde­n werden, die sich als Europäer fühlen und sich dafür einsetzen wollen.“Force of Europe möchte mit den vielen anderen Bewegungen dazu beitragen. „Damit keine Revolution von außen geschieht, sondern eine Evolution von innen.“

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Sein Alter will Heinz-Christoph Mildner nicht verraten, er bezeichnet sich selbst als „Berufsjuge­ndlichen“.

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