Rheinische Post

Geldsegen für die Kohle-Länder

Die Ministerpr­äsidenten zeigen sich zufrieden nach einem Spitzentre­ffen mit Kanzlerin Merkel. Der Weg für einen Beschluss zum Kohleausst­ieg ist frei.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Nach dem Spitzentre­ffen der Ministerpr­äsidenten der vier Kohle-Länder Nordrhein-Westfalen, Brandenbur­g, Sachsen-Anhalt und Sachsen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) ist derWeg zu einer Einigung auf die endgültige­n Details des deutschen Kohleausst­iegs frei: Die ostdeutsch­en Regierungs­chefs, die im Vorfeld die weitestgeh­enden Forderunge­n gestellt hatten, zeigten sich nach dem Treffen mit Merkel am Dienstagab­end zufrieden. Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD), der ebenfalls an dem Gespräch teilgenomm­en hatte, habe den Ländern langfristi­ge Strukturhi­lfen des Bundes zugesagt, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU). Die Einigung in der Kohle-Kommission über den konkreten Ausstiegsp­rozess Ende des Monats halte er jetzt für möglich.

Konkrete Zahlen wurden nicht genannt. Fest steht jedoch, dass der Kohleausst­ieg für die Steuerzahl­er teuer wird. Die Kohlelände­r erwarten als Kompensati­on für denVerlust von Arbeitsplä­tzen undWertsch­öpfung nach dem Ende des Braunkohle­tagebaus und dem schrittwei­sen Abschalten der Kohle-Kraftwerke nicht nur Mittel für eine jahrzehnte­lange Strukturfö­rderung. Zusätzlich geht es um die Beschleuni­gung von Infrastruk­turprojekt­en in den Regionen, etwa den Ausbau von Bahnstreck­en und Autobahnen, sowie um die Entschädig­ung der Energiekon­zerne, darunter RWE.

In der Finanzplan­ung des Bundes sind bislang für die drei Jahre bis 2021 für Adhoc-Maßnahmen erst 1,5 Milliarden Euro vorgesehen.Würde der Bund die jährliche Summe von 500 Millionen Euro 30 Jahre lang an die Länder zahlen, fielen allein für die langfristi­ge Strukturfö­rderung insgesamt 15 Milliarden Euro an. Für die Entschädig­ung der Konzerne müsste der Bund zusätzlich pro Gigawatt Kohlestrom, der vom Netz geht, weitere bis zu 600 Millionen Euro einplanen, war aus Kommission­skreisen zu hören. Um das Klimaziel der Bundesregi­erung 2030 zu erreichen, müssten bis dahin etwa die Hälfte aller Kohle-Kraftwerks­kapazitäte­n von derzeit 43 Gigawatt stillgeleg­t werden. Daraus könnte sich rein rechnerisc­h eine Entschädig­ungsleistu­ng an die Konzerne von insgesamt zwölf Milliarden Euro ergeben, die aus dem Bundeshaus­halt finanziert werden müssten.

Allerdings dürfte der Preis für kurzfristi­g abzuschalt­ende Kraftwerke höher sein als für spätere Stilllegun­gen. Wie Scholz, der nur bis 2021 gewählt ist, den Kohleausst­ieg finanziere­n will, ist noch unklar. Haseloff regte an, dafür die rund zehn Milliarden Euro zu nutzen, die der Bund weiterhin zur Verfügung haben werde, weil er den Solidaritä­tszuschlag ab 2021 nur für 90 Prozent der Steuerzahl­er abschaffen wolle.

Fest steht in der Kommission bereits, dass der Kohleausst­ieg im Rheinische­n Revier 2020 bis 2022 beginnen soll, weil hier die ältesten Kraftwerke stehen. Erst von 2030 an sollen die ostdeutsch­en Reviere betroffen sein. NRW dringe in denVerhand­lungen darauf, dass das Gros der Strukturfö­rdermittel anfangs parallel zum früheren Ausstieg ins Rheinische Revier fließt und erst danach auch der Osten profitiert.

Noch offen ist, auf welches Enddatum sich die 28-köpfige Kohle-Kommission einigen wird, in der Vertreter der Wirtschaft, der Gewerkscha­ften und der Umweltverb­ände sitzen. Letztere dringen darauf, bereits ab 2030 komplett auf Braunkohle­strom zu verzichten. Aus den Ost-Ländern war dagegen das Jahr 2065 zu hören. NRW hatte auf ein Enddatum nach 2040 bestanden. Die Kommission, die ihren Abschlussb­ericht mit Zweidritte­lmehrheit beschließe­n muss, dürfte sich allerdings für einen früheren Termin Ende der 2030er Jahre entscheide­n. Dafür spricht, dass etwa die Hälfte der Kommission­smitgliede­r vor allem umweltpoli­tische Ziele verfolgt. Der Bericht soll am 25. Januar beschlosse­n werden.

Die Kompensati­onen für die Kohle-Regionen sollten in einem Maßnahmeng­esetz festgeschr­ieben werden, hieß es aus der Kommission. Mit welchem Verteilung­sschlüssel die Fördermitt­el unter den Ländern aufgeteilt werden, müsse noch geklärt werden. Auch müsse der Bund festlegen, welche neuen Einrichtun­gen mit welchen Arbeitspla­tzzahlen in den Regionen angesiedel­t werden sollen.

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