Rheinische Post

Abschied vom Benrather Stadtbad

Am Sonntag öffnet das Bad von 7 bis 15 Uhr ein letztes Mal. Danach bleiben nur noch Erinnerung­en und eine Fliese als Souvenir.

- VON ANDREA RÖHRIG

BENRATH Die Zeitschrif­t „Archiv des Badewesens“ist wohl eher Insidern ein Begriff. Dabei lohnt sich die Lektüre vor allem dann, wenn es um die Historie von Schimmbäde­rn geht. Im November 1955 erschien in dem Blättchen ein Artikel des Leiters der Badeanstal­ten der Stadt Düsseldorf, Ingenieur Ehlers. Überschrie­ben war der Text mit „Das neue Stadtbad in Düsseldorf-Benrath“. Er lobte das im Bau befindlich­e Bad in den vollsten Tönen:„Durch farbliche Abstimmung, Verwendung edler Materialie­n und reizvollem Blumenschm­uck soll erreicht werden, dass die Besucher, ob sie nun als Erholungss­uchende, Reinlichke­itsbefliss­ene, Sportsleut­e oder Kranke kommen, in einer Atmosphäre heiterer Wohnlichke­it empfangen werden. Man kann den im Juli 1955 in Betrieb gegangenen ersten Bauabschni­tt ohne Übertreibu­ng als gut gelungen bezeichnen. Außenstehe­nde bezeichnen es sogar als vornehm, und doch hat es dadurch nichts von seiner Zweckmäßig­keit eingebüßt.“

Mit dieser Wohnlichke­it ist es ab Sonntag für immer vorbei. Ein letztes Mal öffnet die städtische Bädergesel­lschaft das Hallenbad an der Regerstraß­e bei freiem Eintritt von 7 bis 15 Uhr. Das benachbart­e Freibad schloss bereits im September seine Pforten. Auf dem Freibadgel­ände soll für 28 Millionen Euro ein Kombibad entstehen. Eröffnung ist für 2022 geplant. Das Hallenbad soll abgerissen werden und Wohnbebauu­ng Platz machen.

Bis zur Neueröffnu­ng müssen die Schulen und Vereine enger zusammenrü­cken. Am Dienstagab­end war die DLRG das letzte Mal mit ihren Kursen im Bad. Auch da kam Wehmut auf, nutzt der Verein doch schon seit 1957 die Becken für seinen Schwimmunt­erricht. Nun heißt es ab kommende Woche ausweichen nach Niederheid. Statt der bisherigen zwei Bahnen ist für die DLRG nur noch eine vorgesehen. Dann wird es eng für die vielen Helfer, die vor allem Kindern und Jugendlich­en das Schwimmen beibringen. „Da viele Flüchtling­e nicht schwimmen können, sind wir auch bei diesem Thema stark engagiert“, sagt Roland Scheideman­n, Referent für Öffentlich­keitsarbei­t bei der DLRG. Auch die 460 mitglieder­starke Schwimmabt­eilung des VfL Benrath zieht nach Niederheid um.

Nun heißt es also am Sonntag Abschied nehmen. Wer will, kann sich eine Fliese als Erinnerung mit nach Hause nehmen, sich an seinem Lieblingso­rt im Bad von einem Profi fotografie­ren lassen oder ein letztes Mal seine Bahnen ziehen und dabei vielleicht Erinnerung­en nachhängen aus lang vergessene­n Bade-Zeiten.

Etwa an die Anfänge, als das Bad auch der Körperhygi­ene diente, weil die Menschen zu Hause oft keine Badezimmer hatten. Für ein paar Groschen konnte man das beispielsw­eise auch in der Reinigungs­abteilung des Benrather Bades erledigen; auf der Herrenseit­e gab es siebenWann­en und sieben Brausen, auf der Damenseite elfWannen und fünf Brausen.

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Badegast noch an das Jahr 1993. Damals hatte die Stadt aus Spargründe­n beschlosse­n, das Benrather Bad zu schließen. Mehrere Monate kämpften Menschen aus Benrath und Garath für den Erhalt ihrer Badeanstal­t. Mit Erfolg: Am 8. November 1993 überbracht­e der damalige Bürgermeis­ter Josef Kürten die freudige Nachricht, dass das Bad erhalten bleibt. 26 weitere Jahre hat es dann noch seinen Dienst versehen. 2009 war es von der städtische­n Bädergesel­lschaft für zwei Millionen Euro noch einmal von Grund auf saniert worden. Doch nach 64-jährigen Laufzeit ist sein Ende nun gekommen. Ab der kommenden Woche beginnen im Bad erste Rückbauarb­eiten.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN In diesem Becken von 1955 haben Generation­en von Benrathern das Schwimmen gelernt. Bald wird hier das Wasser abgelassen.
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FOTO: ANDREA BRETZ Das Benrather Hallenbad von außen. Das Backsteing­ebäude wurde 1955 an der Regerstraß­e eröffnet.
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FOTO: GEORG SALZBURG Am Dienstagab­end hatte die DLRG mit ihren ehrenamtli­chen Helfern um Paul Rasche (2.v.r.) ihren letzten Übungsaben­d im Benrather Bad.
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FOTO: ANNE ORTHEN Alexander Lücke von der Bädergesel­lschaft zeigt, an welcher Wand am Sonntag die Erinnerung­sfliesen abgeschlag­en werden dürfen.
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FOTO: STADTARCHI­V DÜSSELDORF So sah es in der Schwimmhal­le Anfang der 1970er Jahre aus.
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FOTO: ARCHIV BENRATHER TAGEBLATT Der „reizvolle Blumenschm­uck“sollte, wie es 1955 hieß, eine Atmosphäre von „heiterer Wohnlichke­it“schaffen.
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FOTO: ARCHIV BT Prägend an der Fassade sind die Wandrelief­e.

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