Rheinische Post

Und wieder rüstet die Welt auf

Jede Gewalteska­lation enttarnt die Mächtigen als machtlos.

- LOTHAR SCHRÖDER

Es kann nicht sein! Es kann nicht sein, dass die Mächtigen der Welt wieder das Wettrüsten beginnen. Es kann einfach nicht sein, dass mühsam und bilateral ausgehande­lte Abrüstungs­verträge plötzlich zum Spielball des politische­n Geschäfts werden. Wobei der „Spielball“ein viel zu niedlicher Begriff ist für das Vernichtun­gspotenzia­l der Waffen, mit denen Länder und Kontinente, vielleicht gar die Schöpfung ausgelösch­t werden kann. Jede Gewalteska­lation, im Großen wie im Kleinen, entlarvt die vormals Mächtigen als die Machtlosen, die Tonangeber als die Ratlosen. Aber ist das alles nicht doch zu naiv gedacht? So naiv wie seinerzeit die vielen Tausenden von Demonstran­ten im Bonner Hofgarten Anfang der 1980er Jahre? Natürlich ahnten die meisten damals, dass ihre Lieder die Stationier­ung von Mittelstre­ckenrakete­n nicht verhindern würden. Manchmal dient der Protest eben nur der Selbstverg­ewisserung. Und auch das ist nicht wenig.

Wenn die Antworten der sogenannte­n hohen Diplomatie mit all ihren Beratungss­täben am Ende doch nur wieder Bedrohunge­n sind – wie jetzt mit der Kündigung des INF-Abrüstungs­vertrags – ist vielleicht wieder Einfachhei­t geboten. Wie die Frage nach dem eigentlich­en Sinn unseres Lebens. Fragen nach Gerechtigk­eit, Barmherzig­keit, Liebe. Wie altmodisch diese Worte heute klingen! Und wie defensiv, fast verzagt und unkritisch. Wer sie in die Diskussion wirft, steht in den meisten Fällen dumm da. Der Arglose macht sich stets angreifbar; er hat jeden Schutzpanz­er abgelegt. Und es ist bezeichnen­d, dass Gutgläubig­keit in der Regel belächelt wird und geeignet ist, jene zu denunziere­n, die einfach nur fassungslo­s über das uralte und brandneue Wettrüsten sind.

Es kann nicht sein, dass Menschen nie dazulernen. Es darf nicht sein.

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