„Klimawandel ist die wichtigste Herausforderung“
Die Sicherheitskonferenz in München 1963 begann als transatlantisches Familientreffen. Ist es das heute immer noch?
KERRY Ich nenne es eine vergrößerte Familie. Darin ist nichts Falsches. Es ist wichtig, Akteure aus der ganzenWelt zu haben, um dieWerte und die strategischen Interessen zu verstehen. Auch die ursprüngliche transatlantische Allianz ist für uns wichtig. Daran müssen wir arbeiten. Heute sind die Themen so viel komplexer und grenzüberschreitend, dass wir von Natur aus über echte Sicherheit nur in einem erweiterten Format sprechen können. Aus meiner Sicht wird die transatlantische Allianz ihre Aktivitäten im eigenen Interesse ausweiten und wo immer nötig mehr Nationen an den Tisch bringen müssen, um die Sicherheit zu bewahren.
Welche Bereiche sind betroffen? KERRY Ich sehe hier vor allem den Cyberraum, den Klimawandel, die Terror-Bekämpfung, die Migration und die Entwicklungsthemen.
Wenn wir die Debatten über den Iran und die Gaspipeline nehmen: Sind das nur gewöhnliche politische Themen oder zeichnet sich hier ein Ende des Multilateralismus ab? KERRY Hier geht es um gewöhnliche Herausforderungen, um Meinungsverschiedenheiten und nicht darum, den Zweck des transatlantischen Verhältnisses in Frage zu stellen.
Geht es hier um Werte oder Interessen oder um beides?
KERRY In der Diplomatie geht es immer um Interessen und um Werte. Die Balance ist unterschiedlich. Manchmal geht es mehr um Interessen, manchmal mehr um Werte. Da gibt es keine allgemeinen Regeln.
Wie empfanden Sie die Rede von US-Vizepräsident Mike Pence? KERRY Sicherlich hat er das beste ihm mögliche gesagt. Leider fehlten konkrete Absichten der Administration zum wichtigsten Thema der Sicherheit: zum Klimawandel.
Davon spricht diese Administration ja ohnehin nicht.
KERRY Aber es wird angesprochen von Gouverneuren, von Bürgermeistern, von der Privatwirtschaft. Für mich ist es die wichtigste sicherheitspolitische Herausforderung, auf dem Feld des Klimawandels unsere Aktivitäten zu beschleunigen.