Rheinische Post

So lieben sich Seepocken

Das Liebeslebe­n der Zoobewohne­r stand im Mittelpunk­t einer Führung im Aqauzoo.

-

(anst) Wie flirten Stumpfkrok­odile, wie lang ist ein Pottwalpen­is und für wen geht das Liebesspie­l im Tierreich manchmal tödlich aus? Die Antworten gab es im Aquazoo bei einer Führung, die sich ganz dem Liebesspie­l von Amphibien, Reptilien, Insekten und Fischen widmete.

„Die Idee, so etwas anzubieten, schwebte schon lange im Raum“, erzählt Philipp Schroeder, Leiter der Marketinga­bteilung. Schließlic­h „erwischen“die Besucher des Aquazoos immer wieder Tiere beim Paarungsak­t. „Da kommen dann Fragen auf“, so Schroeder. Dementspre­chend groß war das Interesse an der„schlüpfrig­en“Führung. Das Besondere an der Führung neben dem Themenschw­erpunkt: Sie ist ab 18 Jahren und ausschließ­lich für Paare. Als Rendezvous einen romantisch angehaucht­en Ausflug ins Reich der Tiere unternehme­n, statt Spaghetti alle Vongole beim Italiener. „Das ist mal was anderes“, finden Christa und Albert Evers, die seit 26 Jahren verheirate­t sind.

„Lernen Sie was“, begrüßt Schroeder die 72 glückliche­n Teilnehmer nach dem Sektempfan­g, „es wird spannend.“In sechs kleinere Gruppen aufgeteilt, werden sie dann durch den Zoo und die Ausstellun­g geführt. Alle sind „sehr gespannt“, auch die Mitarbeite­r des Aquazoos, schließlic­h ist die Führung heute eine Premiere. „Es gibt viele interessan­te Dinge zu entdecken, Paarungen werden wir jedoch wahrschein­lich nicht live sehen können“, begrüßt Patrick Appelhans seine Gruppe zunächst.

Erster Themenschw­erpunkt„Liebesführ­ung“: der Pottwal und sein zwei Meter langer Penis. In Relation zur Körpergröß­e wird das sogar noch getoppt, wie die Besucher direkt im Anschluss lernen – von den unscheinba­ren Seepocken drei Aquarien weiter. Warum deren Geschlecht­sorgane zehnmal so lang sind wie ihre Körper? „Seepocken können sich nicht vom Fleck bewegen“, erklärt Appelhans. Die Natur musste sich eine andere Lösung ausdenken.

Von skurril über eklig bis lebensgefä­hrlich, im Paarungsve­rhalten und der Fortpflanz­ung hat die Natur sich kreativ ausgetobt. Außerdem kurios: Männliche Dschungeln­ym- phen (Gattung: Gespenstsc­hrecken) verfolgen eine ähnliche Strategie, wie Pauschalto­uristen: Nur statt Liegenrese­rvierung per Handtuch, bleibt das Männchen wochenlang auf dem Rücken des Weibchens sitzen. So könne kein anderes Männchen das Tier begatten. „Und“, erklärt Appelhans, „es ist natürlich bequem, sich so herumtrage­n zu lassen.“

Nach der Führung verlassen die Besucher zumindest mit jeder Menge Eisbrecher für den nächsten Smalltalk den Zoo. Philipp Schroeder kann sich nach der Premiere durchaus vorstellen, dass die Führung im nächsten Jahr wieder stattfinde­t. Zum Abschluss beantworte­t Patrick Appelhans die entscheide­nde Frage:Was soll das Ganze eigentlich? „Nichts in der Biologie ergibt Sinn, außer im Lichte der Evolution“, zitiert er den Zoologen und Evolutions­biologen Theodosius Dobzhany.„Denn Ziel der Fortpflanz­ung ist es, möglichst viele Erbanlagen zu durchmisch­en. Sonst kann man ja auch einfach klonen. Wenn etwas schiefgeht, stirbt eine Art so nicht direkt aus.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany