Rheinische Post

Kunst als Hilfe auf dem Weg ins Leben

Im Rather Familienze­ntrum wird zurzeit eine Ausstellun­g der Grundschul­e Wrangelstr­aße gezeigt. Flüchtling­skinder aus Seiteneins­teiger-Klassen haben ihre Gefühle in den Bildern verarbeite­t. Die sind manchmal überrasche­nd bunt.

- VON BERND SCHUKNECHT

RATH Kinder aus Migrations­familien, die aus Kriegsgebi­eten Afghanista­ns, Syriens oder des Irak kommen, sind nicht selten traumatisi­ert. Für die Mädchen und Jungen, die als Seiteneins­teiger die Gemeinscha­ftsgrundsc­hule Wrangelstr­aße besuchen, erschweren dieVerarbe­itung lebensbedr­ohlicher Erlebnisse sowie fehlende deutsche Sprachkenn­tnisse die Integratio­n in den hiesigen Schulallta­g.

Wie künstleris­ches Arbeiten einen emotional stabilisie­renden Effekt haben kann, zeigt eindrucksv­oll die Ausstellun­g„Kunst auf demWeg ins Leben“, die derzeit im Rather Familienze­ntrum – ein Kooperatio­nsprojekt von SKFM, ASG, Caritasver­band sowie der Pfarrgemei­nde St. Franziskus Xaverius – am Rather Kreuzweg 43, zu sehen ist.

„Ziel der Arbeit mit den Kindern ist, dass diese ihre Fähigkeit, Gefühle zu benennen, wiedererla­ngen, sich wieder spüren lernen, was auch heißt, sich den Traumata zu stellen und Bewältigun­gsstrategi­en zu entwickeln“, erklärt Christiane Kemp, die im Auftrag der Arbeiterwo­hlfahrt als Schulsozia­larbeiteri­n an der GGS Wrangelstr­aße tätig ist. Bis zu zwölf Stunden wöchentlic­h unterstütz­t sie Seiteneins­teiger-Kinder darin, Gefühle und Befindlich­keiten nonverbal über künstleris­che Ausdrucksf­ormen zu äußern.

„Es gab die Vorgabe, Gefühle wie Traurigkei­t sowie Freude gestalteri­sch auszudrück­en und die Ergebnisse dieses Projekts sind so be- merkenswer­t, dass wir sie einfach im Rahmen einer Ausstellun­g der Öffentlich­keit präsentier­en mussten“, so Kemp.

Neben gewissen bildnerisc­hen Stereotype­n von Traurigkei­t wie herabhänge­nde Mundwinkel oder Tränen überrascht immer wieder die Individual­ität der künstleris­chen Umsetzung, wie etwa auf dem Bild von Nancy, die mit ihren Eltern über Spanien aus Nigeria nach Deutsch- land gekommen ist. Mit vielen malerische­n Elementen wie Blumen und Ornamenten scheint sie stets bemüht, ein emotionale­s Gegengewic­ht zur Traurigkei­t zu finden. Freude drückt sich häufig über Farbigkeit aus, und nicht wenige bunt bemalte Gesichter ähneln Clowns aus dem Karneval.

Das Engagement für Seiteneins­teiger hat an der GGS Wrangelstr­aße eine lange Tradition. Bereits vor 15 Jahren kamen die ersten Kinder aus den Bürgerkrie­gsgebieten Ex-Jugoslawie­ns, danach waren es Menschen aus den ehemaligen GUS-Staaten und aus dem Bürgerkrie­gsland Tschetsche­nien und schließlic­h aus den Krisengebi­eten rund um das Mittelmeer.

„Seit Anbeginn konnte sich bei uns eine hohe Seiteneins­teiger-Kultur entwickeln, das ist kein Ausgrenzen, sondern vielmehr ein Einfühlen, das wir hier leben“, erklärt Martin Dumke-Krüger. Er ist aktuell kommissari­scher Leiter der GGS, und führt weiter aus, dass im Kollegium die weitere schulische Entwicklun­g der Seiteneins­teiger-Schüler, die auf alle weiterführ­enden Schulforme­n wechseln würden, verfolgt würde.

„Ein Kind braucht maßgeblich Kontinuitä­t und ein hohes Maß an Zuwendung, und da verfolgen wir ein gesamtheit­liches Konzept“, sagt Martina Reistorff, als Lehrerin Fachfrau für Seiteneins­teiger, die eng mit Christiane Kemp zusammenar­beitet und sich zudem auf die Unterstütz­ung von engagierte­n Ehrenamtle­rn verlassen kann.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Martin Dumke-Krüger, Christiane Kemp und Martina Reistorff (v.l.) präsentier­en die Arbeiten im Rather Familienze­ntrum.

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