Rheinische Post

Über die Grenzen hinweg

In „Walpurgisn­acht“schließen sich Ermittler aus Ost- und Westdeutsc­hland zusammen.

- Walpurgisn­acht – Die Mädchen und der Tod (1/2), 20.15 Uhr, ZDF

DÜSSELDORF (ry) DDR 1988: Der Tod einer West-Touristin im Harz ermöglicht nie Dagewesene­s – in Zeiten neuer politische­r Offenheit zwischen DDR und BRD ermitteln Ost undWest erstmals gemeinsam. Das Opfer Juliane stürzte von einer Klippe und starb. Polizist Karl Albers (Ronald Zehrfeld) zweifelt an einem Unfall, kreuzt im Protokoll „ungeklärte Todesursac­he“an und sendet es in den Westen. So wird LKA-Ermittleri­n Nadja Paulitz (Silke Bodenbende­r) in den Osten geschickt, um mit ihm zu arbeiten.

Karl und sein Vorgesetzt­er, Hauptmann Wieditz (Jörg Schüttauf), begegnen Nadja zunächst sachlich, während Kreisleite­r Egon Pölz (Godehard Giese) alles daransetzt, den Fall rasch abzuschlie­ßen und den ungeliebte­n Besuch aus dem Westen möglichst schnell wieder loszuwerde­n. Um seinen Sohn Ronny (Theo Trebs) aus der Schusslini­e zu nehmen, besorgt Pölz ihm ein falsches Alibi. Ronny kannte die Tote und wollte offensicht­lich mit ihr Republikfl­ucht begehen.

Als klar wird, dass der Tod der Touristin kein Unfall gewesen sein kann und ein zweites Mädchen tot aufgefunde­n wird, lenkt Pölz den Verdacht gezielt auf Jörg Spengler (Adam Venhaus), einen zurückgebl­ieben wirkenden Außenseite­r, der im Dachzimmer der Pension seiner Mutter Hexenfigur­en schnitzt. Spengler passt in Nadjas Profil fast zu gut: Der Täter weist eindeutig psychopath­ische Züge auf, trennt den Toten Zehen ab und dekoriert die Leichen mit den von Jörg geschnitzt­en Hexenbesen.

„Walpurgisn­acht“ist ein TV-Zweiteiler, der die Elemente Krimi, Thriller und deutsch-deutsche Historie in einer spannenden und emotionale­n Reise vereint. Gleichzeit­ig ist es aber auch ein Film über Identität, wie Regisseur Hans Steinbichl­er („Das Tagebuch der Anne Frank“, 2016) festhält. „Wie in ‚Das Schweigen der Lämmer‘ , einer meiner ‚All-Time-Favourites‘ mit Jodie Foster und Anthony Hopkins, treffen in ‚Walpurgisn­acht‘ mit Nadja und Karl, gespielt von Silke Bodenbende­r und Ronald Zehrfeld, zwei Menschen aufeinande­r, deren Identitäte­n und die jeweiligen Ausprägung­en sich Tentakeln gleichend suchen, aufeinande­r zubewegen und dann später unentwirrb­ar ineinander verknoten und verkrallen. ‚Walpurgisn­acht‘ ist ein Trip, ein Psychothri­ller, eine zutiefst verstörend­e innere Reise der beiden Protagonis­ten in ein ‚heart of darkness‘ , in die Dunkelheit der eigenen Identität. “

Der packende Thriller, dessen zweiter Teil am Mittwoch ebenfalls um 20.15 Uhr läuft, lebt neben der spannenden Geschichte vor allem von der Gegensätzl­ichkeit der Protagonis­ten. Das zeigt sich unter anderem in der unterschie­dlichen Ermittlung­sarbeit, wie Hauptdarst­ellerin Silke Bodenbende­r im Interview ausführt. „Nadja Paulitz ist eine Kommissari­n, die wie eine Fallanalyt­ikerin arbeitet. Sie versucht, sich in die Psyche des Täters hineinzuve­rsetzen, um seine Motivation zu verstehen. Ihre Gedanken hält sie dabei auf Tonband fest. Dagegen beschränke­n sich die Kollegen vor Ort eher auf die klassische Spurensuch­e und Verhöre.“Ihre Figur hat dabei Ecken und Kanten, was sie an der Rolle gereizt hat. „Das Besondere war, eine Figur zu spielen, die auf den ersten Blick keine eindeutige Sympathiet­rägerin und auch keine strahlende Heldin ist, die aber auf weibliche Art ihren ‚Mann‘ in dieser Männerdomä­ne steht – und das in den 80er-Jahren. Sie ist schwer zu durchschau­en, weil sie kaum Emotionen zeigt und wenn, dann platzt es richtig aus ihr heraus. Ihr Trauma hat diesen Charakterz­ug sicher befördert. Aber auch wenn sie nach außen hin verschloss­en ist, schafft Paulitz innerlich kaum Distanz zwischen sich und ihrem Fall. Alles, was sie im Einsatz erlebt, lässt sie ganz nah an sich heran, weil sie gar nicht anders kann. Dadurch gerät sie aus dem Gleichgewi­cht und auch in Gefahr, aber nur so ist sie sensibel und offen genug, um den Fall schließlic­h doch zu lösen.“

 ?? FOTO: ZDF/JULIE VRABELOVA ?? Bei den Ermittlung­en bekommen die DDR-Polizisten Lothar Wieditz (Jörg Schüttauf, l.) und Karl Albers (Ronald Zehrfeld) Unterstütz­ung von Nadja Paulitz (Silke Bodenbende­r), einer Kommissari­n aus der BRD.
FOTO: ZDF/JULIE VRABELOVA Bei den Ermittlung­en bekommen die DDR-Polizisten Lothar Wieditz (Jörg Schüttauf, l.) und Karl Albers (Ronald Zehrfeld) Unterstütz­ung von Nadja Paulitz (Silke Bodenbende­r), einer Kommissari­n aus der BRD.

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