Rheinische Post

Neuer Prozess wegen Abzocke

Dieses Mal geht es um betrogene Freier im Bordell „Hinterm Bahndamm“. Der Schaden liegt bei 120.000 Euro.

- VON STEFANI GEILHAUSEN UND WULF KANNEGIESS­ER

Angeklagt sind vier Prostituie­rte und ein Wirtschaft­er des Bordells „Hinterm Bahndamm“. Der Schaden liegt bei 120.000 Euro.

Mit einem weiteren, neuen Rotlicht-Prozess startet das Landgerich­t am Montag kommender Woche. Ab dem 29. April wird gegen vier Prostituie­rte sowie einen Wirtschaft­er des Bordells„Hinterm Bahndamm“verhandelt, weil sie laut Anklage über mehr als anderthalb Jahre hinweg als Bande etliche Freier unter Drogen gesetzt, dann deren Bank- oder Kreditkart­en ohne sexuelle Gegenleist­ungen heimlich belastet haben sollen. Der Mindestsch­aden wird nach Angabe der Staatsanwa­ltschaft auf rund 120.000 Euro beziffert.

Die angebliche­n Tricks des Quintetts sind im Düsseldorf­er Milieu detailgena­u bekannt: Schon 2012 gerieten Edelbordel­le an der Rethelstra­ße aus dem gleichen Grund ins Fadenkreuz der Ermittler, ihr damaliger Chef ist nach einem Mammutproz­ess inzwischen zu mehr als acht Jahren Haft verurteilt worden.

Im Unterschie­d zu den damaligen Vorwürfen geht die Polizei im aktuellen Verfahren aber nicht von derart breit organisier­ter Kriminalit­ät aus, sondern lediglich von einer kriminelle­n Bande – also von mindestens drei Personen, die sich ohne jeglichen Kontakt zu den Rethelstra­ßen-Bordellen zur dauerhafte­n Begehung von Straftaten zusammen getan haben.

Fünf Prostituie­rte, zwei Hauswirtsc­hafter und ein dritter Gehilfe sollen demnach von Ende 2016 bis Juli 2018„Hinterm Bahndamm“und hinter dem Rücken der vermutlich arglosen Bordell-Leitung reihenweis­e Freier mit Alkohol und Drogen außer Gefecht gesetzt haben. Bis die Gäste wieder zu sich kamen, sollen durch Einsatz von deren Bankkarten erhebliche Summen von ihren Konten abgezweigt worden sein. Teils sollen die Täter auch an Bankautoma­ten unerlaubt Bargeld gezogen oder ihre Opfer mit kompromitt­ierenden Fotos erpresst haben.

Vier der fünf Frauen zwischen 35 und 52 Jahren müssen dafür jetzt auf die Anklageban­k – und mit ihnen ein 55-jähriger Wirtschaft­er. Sein langjährig­er Kollege (62), der wegen der Vorwürfe in Kölner Untersuchu­ngshaft saß, hat sich dort inzwischen das Leben genommen. In seiner Wohnung waren bei einer Razzia gegen die vermeintli­che Bande im Juli 2018 rund 100.000 Euro in bar und auch Waffen gefunden worden.

Bestätigen sich die Vorwürfe gegen das angeklagte Quintett, könnten den vier Frauen und dem Wirtschaft­er wegen bandenmäßi­ger, also schwerer räuberisch­er Erpressung jetzt mehrjährig­e Haftstrafe­n drohen. Gewissheit dürften sie schnell erlangen. Denn aktuell geht man im Justizzent­rum am Oberbilker Markt davon aus, dass das Verfahren schnell abgewickel­t wird. Das Gericht will noch vor dem 1. Mai zu einem Urteil kommen.

Die nur wenige Meter vom Hauptbahnh­of befindlich­en Häuser sind in den frühen 1960er Jahren als„Dirnenquar­tier“errichtet worden, um die Straßenpro­stitution um den Bahnhof zu bekämpfen. Nach den Festnahmen im Juli hieß es aus dem Polizeiprä­sidium, dass anders als an der Rethelstra­ße nicht gegen den derzeitige­n Betreiber des Etablissem­ents ermittelt werde.

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