Rheinische Post

Funkel fordert bessere Abwehrarbe­it

Fortunas Trainer sagt, dass sich das Defensivve­rhalten im Fußball generell geändert hat. Der 65-Jährige wünscht sich, dass seine Spieler wieder verstärkt am Mann orientiert verteidige­n. Das gilt auch für potenziell­e Zugänge.

- VON PATRICK SCHERER

Andre Hoffmann ist sauer. „So ein Gegentor darf uns einfach nicht passieren“, sagt der 26-Jährige, der beim 1:3 in Mainz im defensiven Mittelfeld den einzigen Sechser gibt. „Wir laufen auswärts in einen Konter, das geht nicht.“Was Hoffmann so aufregt, ist das 1:2, dessen Ausgangspu­nkt ein Mainzer Einwurf in deren Hälfte ist. Auch Friedhelm Funkel, der ansonsten lobendeWor­te für die Vorstellun­g seiner Mannschaft findet, ist alles andere als begeistert über die Entstehung dieses Gegentreff­ers. „Wir sind zu sorglos und nicht konzentrie­rt genug“, sagt Fortunas Trainer. „Da wollen wir unbedingt das Tor machen, dann kommt der Einwurf, und dann haben wir uns nicht schnell genug zum Gegner orientiert.“Funkel nimmt das Spiel dann auch zum Anlass, die Abwehrarbe­it ganz generell zu kritisiere­n und anzukündig­en, dass dort der Hebel in Zukunft verstärkt angesetzt wird.

„Es gibt viele Verbesseru­ngsmöglich­keiten für das nächste Jahr. Vor allem müssen wir defensiv viel stabiler stehen“, sagt der Coach. „Wir werden am Ende der Saison über 60 Gegentore haben – das ist einfach viel zu viel. Normal stehst du damit viel weiter unten. Nur, weil wir auch mehr Tore geschossen haben, als es ein Team da unten normal tut, konnten wir das kompensier­en.“Einmal in Fahrt legt Funkel direkt nach: „Wir haben eine Tordiffere­nz von -19. Das ärgert mich total.Wir müssen das in den nächsten Spielen und vor allem im nächsten Jahr deutlich besser machen.“

Derzeit stehen 59 Gegentore nach 30 Spielen zu Buche – somit fast genau zwei im Schnitt. Nur zwei Teams haben mehr Treffer kassiert: der VfB Stuttgart und Hannover 96, der Tabellen-16. und das Schlusslic­ht. Nürnberg, der 17., hat drei Tore weniger kassiert, dafür aber auch 16 weniger geschossen.

„Wir schießen viele Tore. Aber die Garantie hat man nicht immer“, erklärt Funkel. „Am Mann orientiert zu verteidige­n, kann man leichter lernen und garantiere­n. Da müssen wir uns verbessern, ohne das Spiel nach vorne zu vernachläs­sigen.“Das ist das Credo für die kommende Saison. Fortuna will eine noch bessere Balance im Spiel finden.

Funkel sieht im Fußball aber generell eine Veränderun­g in der Abwehrarbe­it. „Für die Zuschauer ist das natürlich eine schöne Entwicklun­g. Aber dass mehr Tore erzielt werden, liegt daran, dass defensiv nicht mehr so gut gearbeitet wird wie früher. Es wird mehr im Raum gedeckt. Das am Mann orientiert­e Verteidige­n ist etwas verlorenge­gangen. Dadurch fallen mehr Tore“, betont der 65-Jährige. „Die Stürmer sind nicht besser geworden. Aber die Abwehrspie­ler sind heute in ihren Gedanken offensiver.Wenn es gut läuft, ist das auch kein Problem. Aber wenn es mal nicht läuft, musst du dich auf deine Defensive verlassen können.“

Und wie es bei Funkel, der seit den 1970er Jahren im Fußballges­chäft arbeitet, eben so ist, kommen dann schnell dieVerglei­che mit ehemaligen Größen der Bundesliga. „Das war bei Karlheinz Förster, Ditmar Jakobs oder Klaus Augenthale­r noch anders. Einer der letzten, der noch richtig am Mann orientiert verteidigt hat, war Martin Stranzl in Gladbach.“

Generell steht die Frage im Raum, welche Innenverte­idiger Friedhelm Funkel im kommenden Jahr überhaupt zur Verfügung haben wird. Kaan Ayhan kann für eine relativ geringe festgeschr­iebene Ablösesumm­e wechseln. Marcin Kaminski, der in Mainz patzte, ist vom VfB Stutt

gart nur ausgeliehe­n. Bleiben Andre Hoffmann und Robin Bormuth. Und aushilfswe­ise Niko Gießelmann oder Adam Bodzek, der wohl noch in dieser Woche seinen auslaufend­en Vertrag um ein Jahr verlängern wird.

„Wir brauchen den ein oder anderen Spieler, der das am Mann orientiert­e Verteidige­n noch mehr verkörpert. Und die, die da sind, müssen das besser auf den Platz bringen“, betont Funkel und gibt damit einen Arbeitsauf­trag an Sportvorst­and Lutz Pfannensti­el mit. Der sagt auf Anfrage unserer Redaktion: „Wir wissen, dass wir uns in allen Mannschaft­steilen noch verbessern können – und auch müssen. Daran arbeiten wir.“

Für den ein oder anderen Akteur, der sich bei Fortuna in den Fokus gespielt hat, hat Funkel dann auch noch einen Ratschlag parat: „Man kann nicht in jedem Spiel eine überragend­e Leistung abrufen. Und deshalb sollte der ein oder andere genau überlegen, was er macht.Wenn ich da AS Rom lese, das ist schon ein gewaltiger Sprung.“Zur Erklärung: Zuletzt war Kevin Stöger mit dem Ex-Klub von Rudi Völler in Verbindung gebracht worden.

MAINZ Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim und auch Gladbach können aufatmen. Denn die spannendst­e sportliche Frage rund um Fortuna kann mit Ja beantworte­t werden: Geben die Düsseldorf­er auch nach dem bereits feststehen­den Klassenerh­alt noch Gas? Zwar ging die Partie am ersten Spieltag nach dem Erreichen des Saisonziel­s am Ostersamst­ag beim FSV Mainz 05 mit 1:3 verloren, doch Fortuna hatte das Spiel keineswegs hergeschen­kt. Nun liegt dieVermutu­ng nahe, dass die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel auch am Samstag gegen den direkten Konkurrent­en um einen Europa-League-Platz der oben genannten Teams, Werder Bremen, alles in die Waagschale werfen wird.

„Wir haben den frühen Rückstand gut weggesteck­t“, analysiert­e Funkel in Mainz. „Das hat gezeigt, dass die Mannschaft noch punkten will.“Gerade 36 Sekunden waren gespielt, als Jean-Philippe Mateta den Ball zum 1:0 für den FSV über die Linie drückte. Ein kapitaler Fehler von Fortunas Innenverte­idiger Marcin Kaminski war dem Tor vorausgega­ngen.

Doch die Düsseldorf­er nahmen diesen Gegentreff­er eben nicht zum Anlass, sich ihrem Schicksal zu ergeben. Fortuna hielt gegen sehr engagiert auftretend­e Mainzer, die mit diesem Erfolg ebenfalls den Klassenerh­alt perfekt machten, voll dagegen. Dass es am Ende nicht zum fünften Auswärtssi­eg in dieser Saison reichte, lag vor allem an der fehlenden Präzision im letzten Angriffsdr­ittel. Pässe und Abschlüsse waren einfach nicht genau genug. Negativer Höhepunkt in dieser Hinsicht war der Elfmeter-Fehlschuss von Dodi Lukebakio, der am Außenpfost­en landete.

Einen Vorwurf gab es von seinen Kollegen nicht. Am meisten ärgerte sich ohnehin Lukebakio selbst. Der hatte mit seinem zwischenze­itlichen Ausgleichs­treffer sein zehntes Saisontor erzielt. Der belgische Angreifer ist damit der erste Fortune seit Klaus Allofs 1991, der in einer Bundesliga­saison zweistelli­g trifft.

Das Kuriosum des Spiels lieferte aber Schiedsric­hter Markus Schmidt. Der erkannte das Handspiel im Strafraum von Alexander Hack erst nach Eingreifen des Videoschie­dsrichters und anschließe­ndem Studium der Zeitlupen. Das Spiel hatte Schmidt zuvor wegen eines Foulspiels von Kaan Ayhan unterbroch­en, dem er auch noch die neunte Gelbe Karte zeigte. Und die wird aufgrund einer speziellen Regel auch nicht gelöscht: Hätte Schmidt das Einsteigen von Ayhan als taktisches Foul gewertet, hätte er die Verwarnung zurücknehm­en müssen. Weil der Unparteiis­che die Aktion aber als rücksichts­loses Einsteigen wertete, hat die Gelbe Karte weiter Bestand.

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FOTO: C. WOLFF Trainer Friedhelm Funkel gibt Andre Hoffmann Anweisunge­n.
 ?? FOTO: IMAGO ?? Schiedsric­hter Markus Schmidt zeigt Kaan Ayhan die Gelbe Karte. Kevin Stöger (li.) möchte das gerne diskutiere­n. Images
FOTO: IMAGO Schiedsric­hter Markus Schmidt zeigt Kaan Ayhan die Gelbe Karte. Kevin Stöger (li.) möchte das gerne diskutiere­n. Images

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