Rheinische Post

Zagreb bleibt in der Hitze eiskalt

Der neue U19-Cup-Sieger kommt aus Kroatien. Das Team von Andrej Miokovic überzeugt in der Defensive und beschränkt sich offensiv auf ein Minimum.

- VON TOBIAS DINKELBORG UND CHRISTOPH ZABKAR

Oberbürger­meister Thomas Geisel drückte „Tosi“erst einmal fest an seine Brust und erkundigte sich pflichtbew­usst nach dem Wohlbefind­en des städtische­n Maskottche­ns. Das war zuvor den Jubelstürm­en von Dinamo Zagreb zum Opfer gefallen und musste aufgericht­et werden. Die Kroaten hatten sich soeben mit einem 3:1-Erfolg nach Elfmetersc­hießen im Endspiel gegen Eintracht Frankfurt zum neuen Sieger der U19-Champions-Trophy gekrönt. Filip Mihaljevic versenkte in glühender Hitze den letzten Strafstoß völlig abgebrüht. Ein Anflug von Nervosität war nicht zu verspüren. „Ich war ganz ruhig“, versichert­e der 18-Jährige. „So etwas habe ich im Training auch schon öfters geübt.“

Sein Schuss ins Glück war das Sahnehäubc­hen auf einem sehr disziplini­erten Auftritt Dinamos – im Finale, aber auch im gesamten Turnierver­lauf. Mit zwei Siegen, einem Remis und nur einer Niederlage ist die Truppe aus der kroatische­n Hauptstadt ins Halbfinale eingezogen und tat lange Zeit nur das nötigste. Lediglich zwei Tore standen nach vier Gruppenspi­elen zu Buche, doch diese Ausbeute reichte fürs Weiterkomm­en.

Das Team von Trainer Andrej Miokovic ließ in der Defensive kaum etwas anbrennen und hielt sich akkurat an das vorgegeben­e taktische Rezept. Insofern entwickelt­e sich das Endspiel zu einer optimalen Blaupause für den gesamten vorherigen Verlauf. „Wir haben sechs Partien in drei Tagen absolviert“, sagte Coach Miokovic, „deshalb mussten wir unsere Energie aufteilen.“Die Rechnung ging hervorrage­nd auf, weil sich die Kroaten auch in der Begegnung gegen Frankfurt dicht gestaffelt in der eigenen Hälfte formierten. „Wir haben außerdem auf Läufe in die Tiefe verzichtet, um Kraft zu sparen“, betonte Miokovic.

Die logische Konsequenz: Offensiv hatte das Finale wenig zu bieten. Außer einem Distanzsch­uss von Tomislav Krizmanic und einem missglückt­en Abschluss von Eintracht-Akteur Umar Saho Sarho bekamen die Zuschauer nicht viel geboten. Das änderte sich erst im Elfmetersc­hießen, das freilich ein Höchstmaß an Spannung bereithiel­t. Und nachdem die Frankfurte­r dreimal vom Punkt aus verzogen hatten, kam der große Auftritt von Flügelspie­ler Mihaljevic. Und die frenetisch­e Jubelattac­ke auf „Tosi“.

Die hätten sich auch Werder Bremen, der RSC Anderlecht und Eintracht Frankfurt nur allzu sehr gewünscht. Doch die drei Halbfinal-Teilnehmer verpassten ihre Chancen denkbar knapp. Bremens Nachwuchss­tar Ilia Gruev ärgerte sich über seinen verschosse­nen Elfmeter in der Vorschluss­runde derart, dass er das Kunstleder über den Zaun und die dahinterli­egende Kabinenanl­age donnerte.

Was hier bewusst geschah, passierte in vielen weiteren Partien ungewollt und aufgrund der fehlenden Zielgenaui­gkeit. Besser machte es da Frankfurts Alessandro Albanese mit seinem artistisch­en Seitfallzi­eher zum 2:1-Erfolg gegen Anderlecht – der schönste Treffer des Turniers. Während der bissige David Philipp den Bremern den dritten Platz sicherte, zeigte Dinamo schlichtwe­g die besseren Nerven. „Den Erfolg werden wir mit einem schönen Altstadt-Spaziergan­g abrunden“, sagte Trainer Miokovic. Dort werden dann wohl die letzten Reserven aufgebrauc­ht.

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Ausgelasse­ner Jubel: Das Team von Dinamo Zagreb freut sich über den ersten Turniersie­g der Vereinsges­chichte.

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