Kirche wegen Tagebau entweiht
Das Ende von Kerpen-Manheim scheint besiegelt – trotz Kritik an der Braunkohle.
KERPEN (dpa) Mit einer letzten feierlichen Messe haben am Samstag knapp 400 Menschen im Tagebaudorf Kerpen-Manheim im Rheinischen Revier Abschied von ihrer Kirche genommen. Die Entweihung der katholischen Kirche St. Albanus und Leonhardus begann mit einem minutenlangen Glockengeläut. Der Kirchenbau in dem Dorf am Tagebau Hambach neben dem Hambacher Forst ist für den Abriss freigegeben, der aber noch nicht terminiert ist. Die Umsiedlung in dem schon jetzt fast verlassenen Dorf soll 2022 abgeschlossen sein.
Dagegen protestierten vor der Kirche rund 200 Demonstranten, darunter auch die Kölner „Fridays for Future“-Bewegung und wohl auch Aktivisten aus der Besetzerszene des umkämpften Hambacher Forsts. „Wehrt Euch, leistet Widerstand gegen die Braunkohle hier im Land“, sangen sie vor der Festmesse draußen im Chor. Ihr lautstarker Protest auch während der Messe sollte am Ende friedlich bleiben.
„Drinnen wird nur noch Schmerz sein“, sagte die Manheimerin Maria Mariaux auf dem Weg zur Kirche. Mit ihrem Mann wohnt sie am neuen Ort, aber: In der Kirche haben sie geheiratet und die Kinder taufen lassen. In den vergangenenWochen habe der Energiekonzern RWE beim Abriss im alten Dorf richtig Tempo gemacht, erzählte sie. Wahrscheinlich auch wegen der Aktivisten, die im Herbst verlassene Häuser besetzt hatten. „Die Proteste gegen die Braunkohle hätten schon vor 30 Jahren anfangen sollen“, sagte sie: Dann würde vielleicht auch ihr altes Dorf noch ein Dorf sein.
Die Klima-Allianz Deutschland kritisierte: „Obwohl der Hambacher Wald erhalten bleiben soll, zerstört RWE die Dörfer Manheim und Morschenich hinter dem Wald unbeirrt weiter, reißt Häuser und Bäume nieder.“Das sei nur damit zu erklären, dass RWE weiter auf die dortige Kohle setze und den Wald abholzen wolle. Die Kohlekommission hatte einen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 empfohlen und den Erhalt des Hambacher Forsts als wünschenswert bezeichnet. RWE hatte angekündigt zu prüfen, ob der Erhalt möglich ist.