Rheinische Post

Bayerns Meister-Gala wird zum Rührstück

Franck Ribéry und Arjen Robben sagen mit Toren in München „Servus“. Die Fans feiern den wackelnden Trainer Niko Kovac. Bei Borussia Dortmund sieht man derweil keinen Grund zu großer Tristesse. Der nächste Angriff soll folgen.

- VON C. KUNZ, K. BERGMANN, P. REICHARDT UND R. PETERS FOTOS: DPA, AP, RTR, IMAGO IMAGES

MÜNCHEN/MÖNCHENGLA­DBACH Die erste Bierdusche verpasste Arjen Robben dem neuen Meistertra­iner Niko Kovac. Im gold-silbernen Konfettire­gen feierten die Münchner eine große Meisterpar­ty – und emotionale Abschiede. Kapitän Manuel Neuer reichte die Schale gleich nach der Übergabe an die umjubelten Robben, Franck Ribéry und Rafinha weiter.

„Es war Wahnsinn. Heute feiern wir alle zusammen – und nächste Woche setzen wir noch einen drauf“, rief Robben am Stadionmik­rofon. Am kommenden Samstag können die Münchner in Berlin gegen RB Leipzig auch den DFB-Pokal gewinnen und damit das Double. Ribéry versagte bei seiner Liebeserkl­ärung an die Fans die Stimme. „Dankeschön für alles. Es war eine tolle Zeit“, sagte der Franzose ergriffen mit Tränen.

Die Stars jubelten auf dem Rasen mit ihren Familien. „We are the champions“, schallte es durch die Arena, in der sich der FC Bayern beim letzten Heimspiel der Torschütze­n Ribéry und Robben zum siebten Mal am Stück zum deutschen Fußball-Meister krönte. Es war der insgesamt 29. Titel. Beim 5:1 (1:0) gegen Eintracht Frankfurt standen die souveränen Münchner am Samstag zu jedem Zeitpunkt des Titel-Fernduells mit Borussia Dortmund an der Tabellensp­itze.

Kovac wurde von den Fans mit Sprechchör­en gefeiert. „Natürlich berührt das einen. Das Publikum hat ein gutes Gefühl, dafür möchte ich mich bei allen bedanken“, sagte der 47-Jährige, der als erst zweiter Münchner nach Franz Beckenbaue­r als Spieler und als Trainer mit dem FC Bayern Meister wurde. Kovac wirkte an seinem Freudentag geschafft, die Spekulatio­nen um seine Zukunft treffen ihn. Doch er glaubt an die Fortführun­g seiner vor einem Jahr begonnenen Arbeit.

„Ich rede mit meinen Chefs, und wenn man redet, hört man schon raus, in welche Richtung es geht.“Er glaube, dass er das Gehörte richtig interpreti­ere.„Daher gehe ich davon aus, dass ich meinenVert­rag, den ich hier noch zwei Jahre habe, hoffentlic­h erfüllen werde“, sagte Kovac. „Ich bin davon überzeugt, dass es weiter geht.“

Kingsley Coman (4. Minute) nahm dem Bundesliga-Finale früh viel Spannung. Den Ausgleich durch Sébastien Haller (50.) beantworte­ten die Münchner prompt. Nach den Treffern von David Alaba (53.), Renato Sanches (58.), einem wunderbare­n Sololauf von Ribéry (72.) und dem 99. Liga-Tor von Robben (78.) konnten die Bayern mit immer größerer Vorfreude den Feierlichk­eiten entgegenbl­icken. „Es ist eine ganz besondere Meistersch­aft, weil wir zum ersten Mal an Weihnachte­n ganz weit weg waren“, verkündete Uli Hoeneß stolz.

Die Frankfurte­r retteten sich trotz der hohen Niederlage in die Qualifikat­ion zur Europa League. Den Bayern um den alten und neuen Torschütze­nkönig Robert Lewandowsk­i (22 Tore) winkt nun zum Saisonabsc­hluss in Berlin gegen Leipzig noch ein Titel. „Ich hoffe, dass wir den Pokal holen können und das Double feiern“, sagte Kovac. Nach dem „relativ großen Umbruch“(Hoeneß) soll national wieder die erdrückend­e Bayern-Übermacht zu erleben sein.

In Mönchengla­dbach schaltete Borussia Dortmund derweil nach den beiden Toren von Jordan Sancho und Marco Reus zum 2:0 und angesichts des immer klareren Vorsprungs der Bayern im Fernduell um den Titel in den Verwaltung­smodus. Locker vorgetrage­ne Kombinatio­nen reichten nicht nur zur Sicherung des Siegs, sie hätten zu weiteren Toren führen können. Das spielerisc­he Format der westfälisc­hen Borussia wurde sichtbar.

Eine Halbzeit lang, die erste, hatten die Dortmunder ihr Können allerdings geschickt verborgen. Ihnen fehlten Tempo und Entschloss­enheit, sie hatten zunächst Nachteile gegen die konzentrie­rter auftretend­e Namenscous­ine vom Niederrhei­n. Es sah bis kurz vor der Pause nicht so aus, als wolle der BVB zumindest seinen Teil der Arbeit im Zweikampf um den Titel mit Nachdruck erledigen.

Diesen Makel aber tilgten die Spieler von Trainer Lucien Favre nach der Pause. Sie hatten mehr Spaß am Spiel, und sie verabschie­deten sich in allen Ehren von ihren

Fans. „Wir haben unsere Aufgabe erledigt, es war unser Ziel, hier zu gewinnen“, sagte er. Zur Krönung reichte es nicht, weil auf eine überragend­e Hinserie eine viel komplizier­tere Rückrunde folgte. Es wurde alles ein wenig schwerer, mit der Aussicht auf den ganz großen Erfolg schwand die Leichtigke­it. Und im Rückspiege­l wurde de rFC Bayer nimmer größer. Das führte zu verkrampft­e ren Vorstellun­gen, und wo anfangs schon mal das Glück in der Schlusspha­se den Dortmunder­n in Form später Tore zur Seite stand, gab es nun Punktverlu­ste.

Das entscheide­nde Spiel verloren die Dortmunder in München. Nach dem 0:5 glaubten einerseits die Bayern an ihre Unverwundb­arkeit, und es setzte sich anderersei­ts bei den Dortmunder­n die Überzeugun­g durch, noch nicht reif für den Titel zu sein.

Das heißt allerdings nicht, dass Dortmund Meistersch­afts-Träume künftig wieder zu den Akten legen muss wie in den Zeiten der drastische­n Münchner Überlegenh­eit in den Jahren 2013 bis 2018. Der BVB hat aufgeholt, er hat mit einigen großen Talenten schon sehr erfolgreic­h den Umbruch eingeleite­t. Er ist in dieser Hinsicht sogar weiter als der Konkurrent in München. Längst laufen die Planungen zurVerbess­erung der Schlagkraf­t auf Hochtouren. Die Verpflicht­ungen von Außenverte­idiger Nico Schulz (Hoffenheim) und Thorgan Hazard (Mönchengla­dbach) gelten als ausgemacht­e Sache. Am letzten Spieltag der alten Saison war das allerdings nur ein schwacher Trost. „Natürlich ist es eine Enttäuschu­ng, wenn man den Titel verpasst“, sagte Favre, „es hat uns wenig gefehlt, wir können zufrieden aus der Saison gehen.Wichtig ist, dass bis zum Schluss alles möglich war.“

So sehen das wahrschein­lich auch die Anhänger. Jedenfalls mit ein paar Tagen Abstand.

 ??  ?? Persönlich­e Genugtuung: Bayern-Trainer Niko Kovac jubelt mit der Meistersch­ale. Hinten: Leon Goretzka.
Persönlich­e Genugtuung: Bayern-Trainer Niko Kovac jubelt mit der Meistersch­ale. Hinten: Leon Goretzka.
 ??  ?? Arjen Robben schüttet sich und Trainer Peter Hermann ein Bier über den Kopf.
Arjen Robben schüttet sich und Trainer Peter Hermann ein Bier über den Kopf.
 ??  ?? Auf ewig ein Münchner: Franck Ribéry nach seinem Tor.
Auf ewig ein Münchner: Franck Ribéry nach seinem Tor.
 ??  ?? Durchpuste­n nach verpasstem Titel: Dortmunds Marco Reus.
Durchpuste­n nach verpasstem Titel: Dortmunds Marco Reus.

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