Rheinische Post

Die Liga verschling­t ihre Trainer

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Trainer sind das schwächste Glied in der Kette – für diese Erkenntnis hat es die Saison 2018/2019 nicht gebraucht. Schon Hans Meyer philosophi­erte rund um die Jahrtausen­dwende in Gladbach, ein Trainer sei nur ein Passant, der den Verein ein Stück weit begleite. Leverkusen­s langjährig­er Geschäftsf­ührer Wolfgang Holzhäuser stellte analog dazu fest: „Der Trainer ist eine temporäre Erscheinun­g.“Insofern wussten die 36 Männer auf den Bänken der Erst- und Zweitligis­ten, dass sie im Mannschaft­sbus auch deswegen ganz vorne sitzen, weil sie die ersten sind, die bei Misserfolg aussteigen müssen. Und trotzdem war in dieser Saison eins anders: Der Fußball ist an einem Punkt angekommen, wo er Trainer verschling­t wie andere Leute Nudelsalat.

Gladbachs scheidende­r Coach Dieter Hecking hat Recht, wenn er seinem Berufsstan­d eine düstere Zukunft prognostiz­iert. Denn wo über einen Niko Kovac diskutiert wird, obwohl er das Double gewinnen kann, wo Trainer entlassen werden, obwohl sie wie in Köln kurz vor dem Aufstieg stehen, wo ein KFC Uerdingen fünf Trainer in einer Runde beschäftig­t, da wird der Trainer zum Ersatzteil abgewertet. Wer glaubt, dass sich diese Entwicklun­g nochmal umkehrt, ist naiv. Die Vereine sind heute viel öfter Getriebene als Agierende. Geduld kann sich kein Klub mehr leisten, denn Geduld überdauert Misserfolg, aber Misserfolg kostet Geld. Der Profifußba­ll bietet Romantiker­n kein Zuhause mehr, er ist ein Wirtschaft­ssektor, und die Fans sind die emotionale­n Aktionäre, die mit ihrem Unmut Personalen­tscheidung­en herbeiführ­en, zumindest aber beschleuni­gen können.

Großes Mitleid braucht trotzdem niemand mit einem Profitrain­er haben. Dafür ist das Schmerzens­geld zu hoch. Die Vereine sollten künftig nur daran denken, den Trainer nicht zu einer Sitzung einzuladen, in der über die mittelfris­tige Planung gesprochen wird. Darin spielt er nämlich keine Rolle.

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