Rheinische Post

Bayer tanzt in die Königsklas­se

Trainer Peter Bosz hat in seinem ersten Halbjahr bewiesen, dass er sich anpassen kann. Der Erfolg gibt ihm recht.

- VON SEBASTIAN BERGMANN

BERLIN Die Gladbacher Niederlage gegen Dortmund hatte unter den Profis von Bayer Leverkusen schnell die Runde gemacht. Flugs wurden nach dem Abpfiff im Berliner Olympiasta­dion die roten T-Shirts mit der Aufschrift „Königsklas­se 2019/20 – Das Dutzend ist voll“übergestre­ift. Ausgelasse­n tanzten und jubelten die Profis anschließe­nd mit den mehr als 3000 mitgereist­en BayerFans. Die Freude über den ersten Einzug in die Champions League seit drei Jahren war riesig.

Mit einem 5:1 (2:1) bei Hertha BSC hat sich der Werksklub zum zwölften Mal in der Vereinsges­chichte für die Königsklas­se qualifizie­rt. Drei Treffer von Lucas Alario sowie je einer von Julian Brandt und Kai Havertz, der zum neunten Mal das 1:0 in dieser Saison erzielte, ließen keinen Zweifel am Ausgang der einseitige­n Partie. Für den Hauptstadt­klub traf lediglich Valentino Lazaro. Der scheidende Coach Pal Dardai wurde bereits vor der Begegnung verabschie­det.

Leverkusen­s fulminante­r Saisonends­purt mit fünf Siegen aus den letzten sechs Spielen und der damit verbundene, erstmalige Sprung auf den vierten Platz, trägt die Handschrif­t von Trainer Peter Bosz. Der Niederländ­er hatte die in der Hinrunde selten überzeugen­den Rheinlände­r im Winter von Heiko Herrlich auf dem neunten Platz übernommen und in Windeseile zu einer kaum aufzuhalte­nden Offensivma­schine geformt. 43 Tore gelangen der Werkself allein in der zweiten Saisonhälf­te, elf von 17 Partien gewann Leverkusen. Nur Meister München war in diesen Kategorien besser.

Nach seinem Aus bei Borussia Dortmund vor rund anderthalb Jahren galt Bosz in Fußball-Deutschlan­d als Trainer, der sein Heil ausschließ­lich in der Offensive sucht und stur an seinem 4-3-3-System festhält. Im ersten Halbjahr unter dem Bayer-Kreuz hat der 55-Jährige bereits das Gegenteil bewiesen. Als die Stammkräft­e Karim Bellarabi und Leon Bailey nacheinand­er verletzt ausfielen, änderte Bosz seine Grundordnu­ng in Ballbesitz und ließ fortan im 3-6-1 spielen. Charles Aránguiz und Julian Baumgartli­nger sorgten für zusätzlich­e Stabilität im defensiven Mittelfeld. Kevin Volland, zuvor oft einzige Spitze, übernahm dafür Baileys Part auf Linksaußen und Alario rückte in das Sturmzentr­um.

Der Plan ging auf: Bayer dominierte im zweiten Halbjahr beinahe jeden Gegner, war sicher im Passspiel und im Angriff ungewohnt effizient. Selbst von einer drei Spiele anhaltende­n Niederlage­nserie zwischen dem 26. und 28. Spieltag ließ sich dieWerksel­f nicht beirren.„Am Ende stehen wir zurecht da oben, weil wir einen super Schlussspu­rt hingelegt und vor allem daran geglaubt haben“, sagte Volland und versichert­e: „Die Champions League ist für alle Beteiligte­n – die Stadt, die Fans, das Trainertea­m, uns Spieler – etwas ganz Großes.“

Einer der wohl wichtigste­n Faktoren für den Leverkusen­er Umschwung zur Rückserie war freilich die Umstellung von Julian Brandt vom Flügel auf die Doppel-Acht. Dort blühte der 23-Jährige an der Seite von Nationalma­nnschaftsk­ollege Havertz auf. Sechs Tore und elf Vorlagen in den letzten 17 Spielen sprechen für sich. Das sieht auch Sportgesch­äftsführer Rudi Völler so. „Dadurch hat sich unser ganzes Spielgefüg­e geändert“, sagte der Weltmeiste­r von 1990. „Es war eine sehr, sehr gute Maßnahme.“Die Frage lautet nun: Bleibt Brandt, oder geht er? Während sich der unter anderem von Dortmund umworbene Profi nach dem Sieg in Berlin wortkarg zeigte, erklärte Völler: „Er wird sich innerhalb der nächsten Tage entscheide­n.“

Auch wenn die Zeichen eher auf Abschied stehen, dürfte der Einzug in den wichtigste­n Vereinswet­tbewerb des Profi-Fußballs Leverkusen­s Chancen auf einen Brandt-Verbleib zumindest nicht geschmäler­t haben.

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FOTO: ANDREAS GORA/DPA Kevin Volland, Wendell, Aleksandar Dragovic und Sven Bender (v.l.) feiern den Champions-League-Einzug vor der Bayer-Fankurve in Berlin.

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