Rheinische Post

Mit den Naughtons lächelnd über alle pianistisc­hen Hürden

- VON LARS WALLERANG

Feste Duos können sich voneinande­r genauso stark unterschei­den wie einzelne Musikerper­sönlichkei­ten. So betreten die Pianisten-Zwillinge Christina und Michelle Naughton eine Sphäre, in denen man Duos nicht so oft antrifft: die der geradezu paradiesis­chen Unbeschwer­theit. Beim Klavierfes­tival Ruhr im Robert-Schumann-Saal waren die einer eurasische­n Familie entstammen­den Amerikaner­innen nun zu erleben – mit einem schillernd­en Programm zwischen Mozart und John Adams.

Die pianistisc­he Leichtigke­it wurde optisch unterstric­hen von den zarten Kleidchen der jungen Damen. Unterdesse­n gab es technisch schwere Kost zu bewältigen, beispielsw­eise die Suite Nr. 2 für zwei Klaviere von Sergej Rachmanino­w. Die Naughtons spielen solches Kraftfutte­r an den beiden Steinways nicht ganz so energisch wie die Labèques, dafür mit mehr Farben und Facetten. Zudem wirkten an dem Abend virtuose Passagen etwa in der finalen Presto-Tarantella verblüffen­d ungefährli­ch. Es schien, als könnten die Zwillinge pianistisc­he Hürden einfach weglächeln – freilich ohne das Tempo zu drosseln oder sich sonst irgendwie etwas leicht zu machen.

Zum charmanten Spiel der Naughtons passte besonders fein die elegant-witzige Sonate für Klavier zu vier Händen des französisc­hen Frühmodern­en Francis Poulenc, dessen Musik mit Raffinesse klassische Formen mit frechen Harmonien und Rhythmen verbindet. Ganz in ihrem Element waren die Geschwiste­r auch in einem KlavierPot­pourri aus Leonard Bernsteins „Candide“(Bearbeitun­g: Charlie Harmon): Nicht übermäßig schnell, aber pointiert präsentier­ten sie das mit abstand bekanntest­e Stück aus der Voltaire-Operette: die feurige Ouvertüre.

Besonders rasant wurde es mit John Adams und seinem Hit „Short Ride In A Fast Machine“. Da drückten die Naughton-Zwillinge denn doch einmal so richtig auf die Tube und demonstrie­rten an dem Stück eindrucksv­oll, das nach unendliche­r Aufbruchss­timmung klingt, aber eigentlich nirgendwo hinführt, dass der Weg das Ziel sein kann.

Musikalisc­h superb und transparen­t: Mozarts schwierige Fuge für zwei Klaviere KV 426 – das zwar nicht virtuosest­e, aber musikalisc­h anspruchsv­ollste Stück des Abends. Souverän durchschri­tten die Pianistinn­en die Wunderwelt Mozartisch­er Polyphonie. Vollends im Garten Eden angekommen war man beim Lauschen einer der Zugaben: „Le jardin féerique“aus Ravels„“Ma Mére l’Oye“– so schön zum Klingen gebracht, dass man glaubte zu träumen.

Begeistert­er Beifall im gut besuchten Schumann-Saal.

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FOTO: PETER WIELER Christina (l.) und Michelle Naughton.

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