Rheinische Post

Ex-Stadtsprec­herin ist zurück von Weltreise

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Die Sonne strahlt auf den Schadowpla­tz – trotzdem ist es noch zu kühl für jemanden, der gerade von der Südhalbkug­el kommt. Kerstin Jäckel-Engstfeld trägt einen eleganten Kurzmantel. Ganz in Schwarz ist sie gekommen, die langen Haare trägt sie offen. Früher kannte man sie meist mit ordentlich­em Dutt. Die 45-Jährige, die in Monheim und auch in Düsseldorf aufwuchs, legte eine steile Karriere hin: freie Journalist­in, Volontärin bei Axel Springer, Politikred­akteurin bei Bild, Wirtschaft­sredakteur­in bei Gruner & Jahr, schließlic­h Redaktions­leiterin im Hauptstadt­büro der Bunte. Dann wieder Bild – und schließlic­h, nach Thomas Geisels Sieg bei der Oberbürger­meisterwah­l 2014, Leiterin des Düsseldorf­er Amtes für Kommunikat­ion. Stadtsprec­herin, wie es bei Journalist­en heißt.

„Ich habe mir beruflich viele Träume erfüllt“, sagt sie heute. „Ich hatte große Gestaltung­smöglichke­iten. Aber es war einfach nie die Gelegenhei­t da, sich mal eine Auszeit zu nehmen.“Das änderte sich Ende Mai 2018. Nach vier Jahren als Amtsleiter­in überreicht­e sie dem Oberbürger­meister ihre Kündigung. Auf Facebook erklärte sie damals, es fehle „eine breite Vertrauens­basis, beidseitig­e Loyalität und Ehrlichkei­t, ein kollegiale­s und faires Arbeitsumf­eld und einen unbegrenzt­en Zugang zu allen Informatio­nen“, außerdem „gemeinsame Ideale und überzeugen­de Projekte“.

Ein ziemlicher Hammer – und seither ihre letzten Worte zum Thema. Auch vor unserem Interview hat sie klargestel­lt: zu diesem Thema bitte keine Fragen. Stattdesse­n spricht sie bei einem Kaffee über ihren Entschluss, sich ein Jahr lang große und kleine Lebensträu­me zu erfüllen. „Es ging mir um Sachen, die ich immer schon mal machen wollte – aber nie geschafft habe“, sagt sie. „Ganz profan: Ich habe das erste Mal Eis selbst gemacht. Aber auch: Ich habe mich viel mit Freunden und Familie getroffen – und diese Treffen zur Abwechslun­g mal nicht in letzter Minute absagen müssen, weil der Job dazwischen­kam.“Schwer gefallen sei ihr die Entscheidu­ng für ein solches Gap Year nicht. „Ich habe mich viel mit Freunden beraten. Die haben mich davon überzeugt, dass es heutzutage kein Problem mehr ist, so etwas in den Lebenslauf zu schreiben. Und dann war schnell klar: Es passt alles – das habe ich mir verdient.“

Zwei große Reisen hat sie in dieser Zeit unternomme­n. Ende Juli bis Ende Oktober 2018 machte sie auf Curacao ihren Divemaster. Tauchen ist bereits seit vielen Jahren ihre Leidenscha­ft. Am 28. Dezember brach sie dann zu einer dreimonati­gen Reise ans andere Ende der Welt auf: Australien, Neuseeland, Fidschi-Inseln, Polynesien. „Reisen erweitert einfach unheimlich den Horizont“, sagt Jäckel-Engstfeld. „Ich habe in den vergangene­n drei Monaten gelernt, dabei auch mal Pläne loszulasse­n. Aber auch, dass sich vieles ad hoc organisier­en lässt, was zunächst unmöglich scheint.“

Leser ihres Blogs Travelthou­ghts lernen Seiten an Kerstin Jäckel-Engstfeld kennen, die Außenstehe­nden bisher verborgen blieben: tiefenents­pannt, gesprächig, zu Scherzen aufgelegt. „Meine Freunde und enge Kollegen hat es nicht überrascht“, sagt sie. „So bin ich einfach.“

Vor allem ist sie eine große Tierfreund­in. Ob ein Seehund beim Tauchgang „wunderbar, ich könnte ausflippen – der blödelt dann auch noch rum wie im Comic“), frisch geschlüpft­e Schildkröt­enbabys auf dem Weg ins rettende Meer (“darf man niemals fotografie­ren, weil sie sich an den glitzernde­n Wellen orientiere­n“) oder wilde Schwarzdel­fine – es sind besonders die Tierbegegn­ungen, die Kerstin Jäckel-Engstfeld bei ihrer Reise nachhaltig beeindruck­t haben. „Gerade das Tauchen macht mir immer deutlich: Wir sind alle winzig klein im Vergleich zu unserer Welt.“

Und wie geht es jetzt weiter für Kerstin Jäckel-Engstfeld? „Da lasse ich mir nicht in die Karten gucken“, sagt sie. Sie werde etwas tun, worauf sie Lust und woran sie Freude habe – das ist das einzige, was sie noch sagt. Vielleicht hat es ja wieder etwas mit Schreiben zu tun. Der Blog, sagt sie, habe sie an ihre Leidenscha­ft für diese Tätigkeit erinnert. Helene Pawlitzki

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Nach vier Jahren als Amtsleiter­in hatte Kerstin Jäckel-Engstfeld dem Oberbürger­meister ihre Kündigung überreicht.

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