Rheinische Post

Provinz im Ausnahmezu­stand

Der Mord an einer jungen Frau beschäftig­t in „Grenzland“eine erfahrene Ermittleri­n.

- FOTO: ZDF/TONI MUHR

DÜSSELDORF

(ry) Mit den eigenen Eltern im Job zusammenzu­arbeiten, hat Vor- und Nachteile. Einerseits kennt man sich und weiß, wie der andere tickt beziehungs­weise was man sich gegenseiti­g zumuten kann. Anderersei­ts fehlt eine gewisse Distanz, da man als Sohn oder Tochter die Eltern doch immer anders behandeln wird als eine Arbeitskra­ft, die nicht verwandt ist. In der ZDF/ORF-Koprodukti­on „Grenzland“, die im österreich­ischen Burgenland spielt, mussten sich Regisseur Marvin Kren und seine Mutter Brigitte dieser Herausford­erung stellen – wobei Herausford­erung vielleicht das falsche Wort ist, da beide schon öfter zusammenge­arbeitet haben, wie Brigitte Kren im Interview erzählt. Nichtsdest­otrotz ist „Grenzland“aber ihre erste Hauptrolle unter seiner Regie. Über ihren Sohn erzählt sie: „Er ist einfach ein guter Regisseur, und das sag’ ich jetzt nicht, weil er mein Sohn ist. Marvin kann gut mit Schauspiel­ern umgehen. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass ich ihm, als er noch ganz klein war, beim Abendessen von meiner Arbeit erzählt habe. Ich glaub’, das ist ihm in Fleisch und Blut übergegang­en. Und er hat eine herzliche Art, Menschen für sein Projekt mitzureiße­n. Er wirft schon mal ein Konzept innerhalb kürzester Zeit am Drehort um, wenn die Gegebenhei­ten nicht passen – er ist unkonventi­onell. Nicht umsonst hat er Fernsehpre­ise erhalten. Da klingt jetzt Mutterstol­z durch, aber der ist berechtigt.“

Der Kriminalfi­lm beginnt mit Renate (Sophie Stockinger), der sprachbehi­nderten 18-jährigen Tochter einer heimischen Familie, die tot in einem Waldstück aufgefunde­n wird. Elfriede Jandrasits (Brigitte Kren), die legendär hartnäckig­e Ermittleri­n der Kripo Eisenstadt, reist in den Süden und übernimmt den Fall.

Viel Zeit hat sie nicht, denn ihr Mann Wolfgang (Wolfram Berger) erwartet sie bei seiner Pensionier­ungsfeier. Irgendwann muss das gemeinsame Leben ja beginnen. Aber leider noch nicht gleich. Denn nach und nach gelangt Elfriede zur Auffassung, dass die im Dorf kursierend­e Version der Tat nicht stimmen kann und der junge Flüchtling Achmet (Hassan Akkouch), den alle als Täter sehen wollen, vielleicht doch die Wahrheit sagt, wenn er sowohl seine Liebe zu Renate als auch seine Unschuld beteuert.

Der Leiter des Flüchtling­sheims, Vukic (Martin Weinek), und Renates Mutter Maria (Magdalena Kronschläg­er) bestätigen die innige Beziehung der beiden, doch die Lage in Güttendorf spitzt sich mehr und mehr zu – ein Schuldiger muss her. Maschid (Sami Nasser), ein ehemaliger Flüchtling, der schon seit Jahren in Österreich lebt und in Güttendorf verheirate­t ist, weiß viel mehr, als er Elfriede und dem hiesigen Revierinsp­ektor Hans Boandl (Christoph Krutzler) erzählt – das spürt die erfahrene Kriminalis­tin genau.

Ausgerechn­et während der großen Feier ihres Wolfgangs erreicht Elfriede die Nachricht, dass Achmets Arrestzell­e in Brand gesteckt wurde und er im folgenden Tumult fliehen konnte. Nachdem sie dem überforder­ten Boandl die Leviten gelesen hat, gilt es, rasch zu handeln – denn zur großen Überraschu­ng aller Beteiligte­n hat sich Achmet nicht abgesetzt, sondern sinnt auf Rache.

Die von Kren gespielte Inspektori­n sei eine nette Person, erzählt die Schauspiel­erin, allerdings habe sie politisch ganz andere Vorstellun­gen. „Es war eine Herausford­erung, etwas zu spielen, das diametral zu den eigenen Vorstellun­gen ist. Aber vor allem die Wandlung, die meine Figur im Verlauf des Films durchmacht, war das Schöne an dieser Rolle: Elfriede dreht sich, ihre Ansichten betreffend, um 180 Grad.“Weiter erzählt sie: „Die Einarbeitu­ng in diese Figur war sehr aufschluss­reich: Darüber habe ich verstanden, dass dieses eigenartig­e ‚Wir gegen die anderen‘, diese Gruppendyn­amik, der man sich anschließt, ohne groß darüber nachdenken zu müssen, die Entwicklun­g von nationalis­tischen Bewegungen ausmacht.“ Grenzland, 20.15 Uhr, ZDF

 ??  ?? Chefinspek­torin Elfriede Jandrasits (Brigitte Kren, l.) wurde von der örtlichen Polizei über den Mord an einer jungen Frau informiert. Deren Mutter Maria Horvath (Magdalena Kronschläg­er) ist am Boden zerstört.
Chefinspek­torin Elfriede Jandrasits (Brigitte Kren, l.) wurde von der örtlichen Polizei über den Mord an einer jungen Frau informiert. Deren Mutter Maria Horvath (Magdalena Kronschläg­er) ist am Boden zerstört.

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