Rheinische Post

Mich gibt es übrigens zweimal

Der Film „Jonathan“bringt einen neuen Ton in die Science Fiction.

- VON GÜNTER H. JEKUBZIK

Gerade zu Beginn dieses Kinofilms ist man ganz begeistert und denkt: Es gibt nicht nur Filme ohne Superhelde­n, es gibt sogar Filme mit richtig neuen Ideen. Die gleichzeit­ige Existenz von zwei Wesen in einem Körper ist bei„Jonathan“nicht das große Geheimnis, das entdeckt werden muss. Von Anfang an ist klar, dass Jonathan und John zwei ganz unterschie­dliche Typen sind, die sich einen Körper teilen. Und zwar – dank eines medizinisc­hen Eingriffs – streng geregelt im ZwölfStund­en-Takt. Jonathan wacht um sieben Uhr morgens auf, geht joggen und dann zur Arbeit.Vor 19 Uhr legt er sich ins Bett. Was nachts passiert, erzählt ihm sein Alter Ego John jeden Morgen auf einemVideo. Und umgekehrt.

Aber in letzter Zeit fühlt Jonathan sich müde und ausgelaugt. Er kümmert sich um den Haushalt, kocht, macht die Wäsche und findet wie in einer schlechten Beziehung die Serviette einer Bar in den Taschen von John. Bald stellt sich heraus: Sein „Partner“hat ein geheimes Nachtleben, noch dazu eine Freundin. Wie ein Detektiv später herausfind­et. Das ist ein Bruch der Regeln, mit denen Jonathan und John miteinande­r auskommen. Denn mit Freundin wäre es viel zu komplizier­t, die Zwillings-Leben aufeinande­r abzustimme­n.

Es ist wieder die eigentlich abgestande­ne Idee des Körperwech­sels, wie im sehr interessan­ten „Letztendli­ch sind wir dem Universum egal“(2018), die den Jugendfilm aufmischt.

Die originelle Geschichte von„Jonathan“entwickelt sich super-raffiniert, überrasche­nd witzig und zunehmend spannend. Jonathan und John sind ganz unterschie­dliche Typen, das macht den Reiz dieses Films aus: Ersterer, dessen Perspektiv­e wir Zuschauer teilen, zurückhalt­end, vorsichtig, verschloss­en. Der Nachtmensc­h John hingegen frech und offen. Irgendwann„verschwind­et“John – es gibt keine tägliche Videobotsc­haft mehr. Ein Kniff, der die Spannung ungemein steigert.

Der junge Schauspiel­er Ansel Elgort, bekannt aus dem genialen „Baby Driver“, der enorm erfolgreic­hen Schmonzett­e„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“nach dem Roman von John Green und der„Divergent“-Reihe, fesselt in der schwierig zu spielenden Doppelroll­e. Der Stil des Films wählt die Kühle des Science Fiction – mit den für so eine Zwillings-Geschichte obligatori­schen Spiegelung­en. So bleibt die komplizier­te Dreiecksbe­ziehung durchgängi­g spannend und interessan­t. Wenn es etwas Negatioves über diesen originelle­m Produktion zu sagen gibt, dann höchstensm dass sie die große Überraschu­ng, die am Anfang war, nicht noch einmal bringen. Man verzeiht das gern.

Jonathan (USA 2018 – Regie: Bill Oliver, mit Ansel Elgort, Suki Waterhouse, Patricia Clarkson, 101 Min

 ?? FOTO: DPA ?? Originelle­s Jugendkino: Ansel Elgort als John/Jonathan (l.) und Suki Waterhouse als Elena in „Jonathan“.
FOTO: DPA Originelle­s Jugendkino: Ansel Elgort als John/Jonathan (l.) und Suki Waterhouse als Elena in „Jonathan“.

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