Rheinische Post

Selenskyjs Partei kann mit absoluter Mehrheit regieren

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KIEW (krö) Nun soll es ein Guru richten. So zumindest lautet die Stellenbes­chreibung für das Amt des ukrainisch­en Regierungs­chefs, die Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der Parlaments­wahl am Sonntag ausgab:„Das Amt muss ein Meister auf dem Gebiet der Ökonomie ausfüllen – ein Guru.“Der junge Präsident möchte die Ukraine erneuern und sie aus ihrer Dauerkrise führen.

In derWahlnac­ht klang das bei Selenskyj so:„Wir wollen den Krieg im Donbass beenden und die Korruption besiegen.“Doch das ist leichter gesagt als getan. Der Präsident will deshalb so bald wie nur möglich eine schlagkräf­tige Regierung formen. Dass er dazu überhaupt in der Lage ist, hat er einem enormen Vertrauens­vorschuss seiner Landsleute zu verdanken. Die Ukrainer wählten mit überwältig­ender Mehrheit die Präsidente­npartei „Diener des Volkes“, eine bunte Gruppe aus meist jungen und politisch unerfahren­en Seiteneins­teigern. Die Mannschaft passt zu ihrem Kapitän, denn auch der ehemalige TV-Komiker Selenskyj ist nach zwei Monaten im Amt noch immer ein Politneuli­ng. Dennoch gelang es ihm im Parlaments­wahlkampf, die Ukrainer vom Sinn eines kompletten Neustarts zu überzeugen. Nach Auszählung in gut zwei Dritteln der Wahlbezirk­e erreichten Selenskyjs „Volksdiene­r“42,6 Prozent der Listenstim­men, mit weitem Abstand gefolgt von der prorussisc­hen Opposition­splattform „Für das Leben“mit 13 Prozent.

Auf den Plätzen landeten drei prowestlic­he Parteien. Die „Europäisch­e Solidaritä­t“von Ex-Präsident Petro Poroschenk­o erreichte 8,4 Prozent, die Vaterlands­partei der einstigen Revolution­sikone Julia Timoschenk­o 8,1 und die Bewegung „Golos“(Stimme) des Rocksänger­s Swjatoslaw Wakartschu­k 6,2 Prozent. Da knapp die Hälfte der Sitze an Direktkand­idaten vergeben wird, kann Selenskyjs Partei sogar allein regieren. Unter dem Strich standen am Montag (noch vorläufig) 250 von 424 Parlaments­mandaten für die „Diener des Volkes“.

„Das ist eine große Verantwort­ung“, erklärte Selenskyj, nachdem er noch gescherzt hatte: „73 Prozent wären besser gewesen.“Mit diesem Ergebnis war er im April zum Präsidente­n gewählt worden. Auch die absolute Mehrheit für seine Partei ist ein historisch­er Triumph. Noch nie in der Geschichte der postsowjet­ischen Ukraine verfügte eine Fraktion über mehr als die Hälfte der Sitze in der Rada.

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FOTO: DPA Wolodymyr Selenskyj (41) bei der Wahlparty.

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