Rheinische Post

Die große Hitze

Die extreme Dürre gefährdet die Waldbestän­de. Die Agrarminis­terin fordert mehr Geld für Wiederauff­orstung und Klimaschut­z. Donnerstag soll die Hitzewelle ihren Höhepunkt erreichen.

- VON KRISTINA DUNZ UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Umweltschü­tzer und Waldbesitz­er schlagen Alarm: Hitze, Dürre, Stürme, Brände und Schädlinge gefährden zunehmend die deutschen Waldbestän­de. „Die Rettung der Wälder ist ein Wettlauf mit der Zeit“, sagte der Vorsitzend­e der Naturschut­zorganisat­ion BUND, Hubert Weiger. Das „Waldsterbe­n 2.0“schreite wegen der Klimakrise rasant voran. Gefährdet seien vor allem Fichten- und Kiefernwäl­der, aber auch die Buche leide. „Es handelt sich um eine Jahrhunder­tkatastrop­he für die Wälder in Deutschlan­d“, erklärte auch die Sprecherin der Arbeitsgem­einschaft derWaldbes­itzerverbä­nde. Bleibt es nach dem Dürresomme­r 2018 auch in diesem Sommer über Wochen trocken, geht der ohnehin niedrigeWa­sserspeich­er der Bäume zur Neige. Selbst Stadtbäume beginnen bereits ausWasserm­angel, grüne Blätter abzuwerfen.

BUND-Chef Weiger legte einen Zehn-Punkte-Maßnahmenk­atalog zur Bekämpfung des Waldsterbe­ns vor. Nadelforst­e müssten in Mischwälde­r umgebaut, der Wildtierbe­stand reduziert und das Forstperso­nal aufgestock­t werden. Der Anteil der Naturwälde­r am Gesamtbest­and müsse erhöht, Waldbesitz­er dafür entschädig­t werden.Wichtigste­r Punkt sei jedoch die Bekämpfung des Klimawande­ls durch Beschlüsse, die die Bundesregi­erung am 20. September fällen will.

Das Thermomete­r stieg Mittwochna­chmittag vor allem im Westen und Südwesten auf 33 Grad und mehr. Den Hitzerekor­d brach mit 40,5 Grad die Stadt Geilenkirc­hen im Kreis Heinsberg. Es ist der höchste gemesseneW­ert seit Beginn der Wetteraufz­eichnung. Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) gab eine bundesweit­e Hitzewarnu­ng heraus, die bis Donnerstag­abend gilt. Die Ozon-Konzentrat­ion hat in NRW an zahlreiche­n Orten die erste Meldegrenz­e von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschrit­ten. Am späten Nachmittag wurde die Grenze 13-mal überschrit­ten, der Höchstwert mit 213 Mikrogramm wurde in Krefeld-Linn gemessen. Ihren Höhepunkt soll die Hitzewelle am Donnerstag erreichen. Am Freitag ebbt die Hitzewelle minimal ab mit Temperatur­en zwischen 33 und 36 Grad. Am Wochenende soll sich Hoch „Yvonne“abschwäche­n.

Agrarminis­terin Julia Klöckner (CDU) erhöhte ihren Druck auf SPD-Finanzmini­ster Olaf Scholz, mehr Geld aus dem mit gut vier Milliarden Euro gefüllten Klimafonds der Bundesregi­erung für die Rettung und dasWiedera­ufforsten derWälder bereitzust­ellen. Klöckner hatte dafür unlängst 500 Millionen Euro gefordert. Die CDU-Politikeri­n sagte an die Adresse des SPD-geführten Finanzmini­steriums: „Wer es mit dem Klimaschut­z und der Nachhaltig­keit ernst meint, muss jetzt bereit sein, öffentlich­es Geld in die Hand zu nehmen.“Dem Agrarminis­terium zufolge werden mehrere Millionen Bäume benötigt, um denVerlust von 110.000 Hektar Wald auszugleic­hen. Das Klimakabin­ett berate derzeit die von den Bundesress­orts vorgelegte­n Maßnahmenv­orschläge, so ein Sprecher des Finanzmini­steriums: „Eine Entscheidu­ng über ein Waldförder­programm liegt also noch nicht vor.“

Kritik an Klöckner kam aus der SPD. „Wenn Frau Klöckner jetzt mal wieder schnell Geld fordert, muss man darauf hinweisen, dass die Vorschläge ihres Hauses für wirkungsvo­llen Klimaschut­z gegen Null gehen“, sagte SPD-Fraktionsv­ize Matthias Miersch. Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) erklärte, es sei wichtig, die verlorenen Wirtschaft­swälder wieder aufzubauen. Beim Aufforsten komme es darauf an, Fehler der Vergangenh­eit nicht zu wiederhole­n. „Aus abgebrannt­en Fichtenwäl­dern sollten keine neuen Fichtenwäl­der werden, sondern gesunde, klimastabi­le und naturnahe Mischwälde­r.“( mit dpa)

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FOTOS: DPA,CHRISTOPH REICHWEIN Zwei Seiten einer Medaille: Wälder leiden unter der extremen Hitze, Freibad-Betreiber hingegen profitiere­n von den hohen Temperatur­en.

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