Rheinische Post

Königin der Löwen

Das beeindruck­ende neue Album von Beyoncé ist inspiriert von dem Disney-Film „The Lion King“.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Das beste Stück ist „Mood 4 Eva“, und darin gibt es nach zwei Minuten und 20 Sekunden diese tolle Stelle, in der Beyoncé ihren vollen Namen nennt: „I am Beyoncé Giselle Knowles-Carter“, sagt sie. Sie betont jede Silbe überdeutli­ch, und man weiß gar nicht, ob darin eine Drohung oder einVerspre­chen liegt. Ist aber auch egal, die Botschaft ist ohnehin klar: Da singt die Lion Queen.

Beyoncé hat ein neues Album veröffentl­icht, „The Lion King: The Gift“heißt es, und man darf es nicht verwechsel­n mit dem von Hans Zimmer komponiert­en Soundtrack zur aktuellen Disney-Produktion, auf dem die 37-Jährige ebenfalls mit einem Stück vertreten ist. „The Gift“ist lediglich inspiriert von dem Film, in dem Beyoncé die Nala spricht: Die Sängerin mischt neue eigene Songs mit Stücken, die sie entweder gemeinsam mit afrikanisc­hen Künstlern aufgenomme­n hat oder die gleich komplett von eingeladen­en Musikern eingespiel­t wurden. Die Platte funktionie­rt wie eine Sammelauss­tellung, jeder widmet sich einem Aspekt zum Thema Panafrikan­ismus und weitet, kommentier­t oder betont ihn.

Dialog-Schnipsel binden das Album lose an den Film, und das Modell für das Konzept ist sicher der großartige Soundtrack zu „Black Panther“, der ja von Kendrick Lamar kuratiert worden ist. Lamar ist denn auch Beyoncés Duettpartn­er in dem Lied „Nile“, in dem beide davon berichten, wie sie im Fluss schwimmen und dabei verschiede­ne afrikanisc­he Staaten kreuzen. Beyoncé hat die Zügel in jeder Sekunde fest in der Hand, bei allen Stücken tritt sie wenigstens als Co-Produzenti­n auf, alle sind im Breitwand-Format arrangiert. Chöre schwellen an, die Farben sind satt, und die Sujets monumental: Klimawande­l, Verantwort­ung, Tradition, Familie. Die Samples sind klug gewählt, „Mood 4 Eva“etwa basiert auf einem Original der Sängerin Oumou Sangaré aus Mali.

Das Album ist ein Statement, Beyoncé rückt Afrika, die Wiege der Musik, in den Fokus des Pop. Man hört Burma Boy und Mr Eazi aus Nigeria, Moonchild Sanelly aus Südafrika, Salatiel aus Kamerun und Shatta Wale aus Ghana. Wir sind viele, heißt das, und zusammen bilden sie eine Gemeinscha­ft, die vermitteln will, dass alle Menschen letztlich dasselbe umtreibt. Eine Welt. Beyoncé nimmt ihre klassische­n Sujets wieder auf: das Leben als Mutter, Ehefrau, Geschäftsf­rau. Empowermen­t und Togetherne­ss. „Find Your Way Back“mutet wie eine Fortsetzun­g von „Daddy Lessons“über ihren Vater und Ex-Manager Mathew Knowles an. Auch die Ehe-Soap über das Leben mit Jay-Z geht weiter; er und die gemeinsame Tochter Blue Ivy haben ebenfalls ihre Auftritte. Hinzu kommen USStars wie Childish Gambino, Pharrell Williams und die tolle Newcomerin Tierra Whack.

Die Produktion ist großartig, man entdeckt immer neue Details, etwa das an Sade gemahnende Saxophon in „Ja Ara E“. Die Platte swingt sehr edel, auch wenn nicht jedes der 27 Stücke die gleiche Qualität hat wie das Auftaktstü­ck „Bigger“. Das Finale fällt dann in jeder Beziehung heraus:„Spirit“ist der Titelsong zum Film„Lion King“, und das ist großer Schmalz, Bombast und Kitsch, das einzige offensicht­liche Zugeständn­is an Disney.

Es könnte indes das Lied sein, das Beyoncè den Oscar beschert.

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FOTO: AP „The Lion King: The Gift“heißt das neue Album von Beyoncé.

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