Rheinische Post

Farbenfroh­es Selbstmitl­eid

Antonio Banderas hadert mit dem Alter im neuen Film von Pedro Almódovar.

- VON TIM FELDMANN

Fühlt es sich so an? Wenn der eigene Körper nicht mehr will:Wirkt das dann tatsächlic­h wie ein schlechter Scherz? Mit diesen Fragen beschäftig­t sich Salvador, der Erzähler von Pedro Almodóvars neuem Film „Leid und Herrlichke­it“. Er geht zunächst auf die Quellen seiner Schmerzen ein; mit solchem Eifer legt er sein Leiden dar, dass sein Erzählen sich geradezu leicht und schwungvol­l anfühlt, während unterschie­dlichste Charaktere auf der Leinwand auftauchen. Hier wird bereits klar, was „Leid und Herrlichke­it“auszeichne­t. Man wird man hineingeri­ssen in die Gefühlswel­t eines Menschen, dem es nicht mehr gut geht.

Das Alter Ego Pedro Almodóvars, ertrinkt in Leid und Selbstmitl­eid. Im Denken von Salvador – für dessen Rolle Antonio Banderas in Cannes die Auszeichnu­ng bester Darsteller erhielt – dominiert der Schmerz, er lässt ihn aus der Außenwelt austreten und in seiner Innenwelt verkümmern. Die Leiden wirken wie Folge oder Ursache einer Leere, die ihn in seiner Einsamkeit gefangenhä­lt.

Denn wie sein Schöpfer Almodóvar, ist auch Salvador Regisseur. Seine Profession gab ihm einst den Lebenssinn, doch der ist ihm verloren gegangen. Das Alter ist schuld, mit ihm ging die Gesundheit verloren, damit kam der Schmerz. Schnell fragt man sich, wo in dieser Welt die Herrlichke­it aus dem Filmtitel Platz finden soll.

In der Taubheit zwischen Schmerz und Heroinraus­ch taucht Salvador immer wieder in seine Erinnerung­en ein. Die sind geprägt von tiefer Liebe zu seiner verstorben­en Mutter. Sie wird von Penélope Cruz gespielt. Zudem entdeckt der junge Protagonis­t mit dem attraktive­n analphabet­ischen Maurer, den er Lesen und Schreiben lehrt, seine Sexualität. Salvadors Erinnerung­en an seine Kindheit stellen eine nostalgisc­he Vergangenh­eit dar, die sich ganz und gar nicht mit der tristen Gegenwart versöhnen will. Er zeigt uns auf, dass das Fehlende und das Herrliche immer zwei Seiten einer Medaille sind.

„Leid und Herrlichke­it“ist ein Film über die Abgründe des Lebens; über die Unersetzba­rkeit einer Mutter, über verpasste Liebe und eben die Einsamkeit; die Furcht vor dem Tod; über die Frage, was noch zu tun ist, wenn Leidenscha­ft und Passion unwillentl­ich verloren gegangen sind.

Doch bei all der lähmenden Pein, ist es eben die lebendige Art der Erzählung, die nicht nach-, sondern tatsächlic­h einfühlen lässt. Almodóvar gelingt es, eben all jenes, was die Löcher in die Seele Salvadors schlägt, zu bejahen. Das gelingt ihm abseits von Kitsch und Abstraktio­n. Ganz typisch für seinen Regisseur, spielt „Leid und Herrlichke­it“in farbenfroh­em Setting.

Leid und Herrlichke­it, Spanien 2019 – Regie: Pedro Almodóvar, mit Antonio Banderas, Asier Etxeandia, Leonardo Sbaraglia, Penélope Cruz, 113 Min.

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FOTO: EPD Nora Navas als Mercedes und Antonio Banderas als Salvador in „Leid und Herrlichke­it“.

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