Ladehemmung
Im zweiten Teil unseres zweiwöchigen Elektroauto-Tests geht es vor allem um die Stromzufuhr. Wer bei spontanen Fahrten nicht stehenbleiben möchte, braucht trotz großer Reichweite ein vorausschauendes Lademanagement. Das nervt manchmal.
DÜSSELDORF Bereits am zweiten Tag dräut Unheil. Hartnäckig leuchtet nach dem Start ein mir unbekanntes Kontrolllämpchen. Die Kombination aus Ausrufezeichen und den Buchstaben EV alarmiert, ein Blick ins Handbuch des Hyundai Kona Electric bestätigt schlimmste Befürchtungen: Fehler im elektrischen System, bitte kontaktieren Sie Ihren Servicepartner. Sofort meldet sich das schlechte Gewissen. Irgendetwas falsch gemacht? Stecker nicht gezogen, Licht angelassen? Doch dann besinne ich mich eines oft hilfreichen Prozedere. Einfach mal aus- und wieder einschalten. Schwupps, schon ist das Lämpchen verschwunden. Elektrik-Trick, würde TV-Hexenmeister Catweazle dazu sagen. Zumindest in dieser Hinsicht, das zeigt unser zweiwöchiger Test, unterscheidet sich ein Elektroauto kaum von einem Fernseher. Oder einer Kaffeemaschine.
Mit dem Kona ist man allerdings deutlich komfortabler unterwegs. Und schneller. Die von uns gefahrene 150 kW-Version bringt es auf 204 PS und schafft den Spurt von null auf 100 km/h in 7,6 Sekunden. Ein guter Wert für einen kompakten SUV, zumal das Drehmoment von 395 Newtonmetern bereits vom Start an zur Verfügung steht. Heißt: Wer will, kommt mit dem Kona flott voran. Gerade in der Fahrstufe Sport beschleunigt der Wagen enorm. Allerdings hat das Vergnügen seinen Preis – schnelles Fahren (167 km/h Spitze) quittiert der Koreaner auf Dauer mit so hohem Stromdurst, dass die Kilometer im Reichweiten-Display plötzlich schneller purzeln als die Flugzeiten an der Airport-Anzeige. Sportlich ambitionierte Elektromobilisten zieht es also besser nicht in die Ferne, oder aber sie betreiben ein ausgefeiltes Lademanagement.
Wobei das Laden insgesamt den Fahrspaß leider minimiert. Trotz der Reichweite von maximal 449 Kilometer verlangt der Kona vorausschauendes Planen, was die Strecken betrifft. Denn erstens sind die Akkus nie voll, zweitens Ladesäulen nicht da, wo man sie braucht. Oder belegt. Oder funktionieren nicht. Nach einer Fahrt nach Bonn und Remscheid an einem Tag ohne Stromzufuhr nutze ich für einen Termin in Herne meinen Diesel, zu riskant erscheint es mir, mit 30 oder 40 Kilometer Restreichweite unterwegs zu sein. Vertrauen ist gut, eine Steckdose besser. Zumal das Laden dauert: An der Haushaltssteckdose bis zu 31 Stunden (von null auf 100 Prozent), an der Wallbox in der Garage, sofern vorhanden, etwa 17 Stunden. Auch an der Ladesäule geht es nicht viel flotter. Nur mit einem Schnellladekabel zapft sich der Kona an einer entsprechenden Station in 54 Minuten so viel Strom in die Akkus, dass diese zu 80 Prozent geladen sind. Soweit die Theorie.
In der Praxis hängt der Wagen bei jeder Gelegenheit an der Steckdose, weil nur ein möglichst voller Akku ein guter Akku ist. Und ansonsten spontane Fahrten mit einem schlechten Bauchgefühl angetreten werden oder gleich komplett ausfallen. Wer auf Elektroantrieb umstellen will, sollte daher vorher genau überlegen, in welchem Radius er sich bewegt und wo er laden kann, um nicht unglücklich herumzustromern. Das Laden an sich verläuft in der Regel problemlos, mit der mitgelieferten EnBW-Karte auch an den Säulen – wenn auch manchmal erst nach dem dritten Versuch, sich zu registrieren. Stecker rein, Stecker raus, fertig. Zwei Stunden Shopping und Kaffeetrinken am Samstagmittag schaffen rund 50 Kilometer aufs Reichweitenkonto. Irre komfortabel ist das nicht.
Ansonsten fährt sich der Kona fast wie jedes andere Auto. Nur eben leiser. Bis 30 km/h summt er raumschiffhaft vor sich hin, um Passanten zu warnen. Bei höheren Geschwindigkeiten unterscheidet sich die Klangkulisse durch Abroll- und Windgeräusche kaum von der eines vergleichbaren Benziners, lediglich das hohe Sirren des Elektromotors verweist auf den alternativen Antrieb. Schick ist der Wagen von innen, mit großem, tabletartigem Infotainment-Display, das auf der Mittelkonsole thront. Wer so unterwegs ist, vermisst erstmal nichts. Bis er Strom braucht.