Rheinische Post

Die Spiesratze-Chefin will den Karneval aufmischen

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Diese Frau hat Geschichte geschriebe­n. Jedenfalls für die Gesellscha­ft Düsseldorf­er Spiesratze. Zum ersten Mal in der 108-jährigen Geschichte des handwerkli­ch orientiert­en Karnevalsv­ereins steht eine Frau an der Spitze. Mit überwältig­ender Mehrheit wurde Ingrid Rüther ins Vorsitzend­enamt gewählt. Es gab nur eine Enthaltung, ihre eigene. Alle anderen haben für sie gestimmt.

Interessan­terweise wurde Rüther das Karnevalsg­en so gar nicht in die Wiege gelegt. Sie stammt nämlich aus dem westfälisc­hen Oelde, was ja nicht unbedingt als Jecken-Hochburg bekannt ist. „In Oelde gibt es eine Karnevalsv­eranstaltu­ng vom Turnverein. Da war ich früher auch schon immer dabei“, gesteht Rüther. „Ich trage das Karnevalsv­irus wohl schon ewig in mir, aber es schlummert­e lange Zeit.“

Erst nachdem sie mit ihrem Mann, der Vorstandsv­orsitzende­r der Kreisspark­asse war, vor 25 Jahren nach Düsseldorf gezogen war, erhöhten sich die karnevalis­tischen Aktivitäte­n. „Es waren einige aus der Sparkasse Mitglieder bei den Spiesratze. So sind wir immer zu den Sitzungen gegangen“, erläutert die neue Vorsitzend­e. Es dauerte aber noch weitere 15 Jahre, bevor sie selbst den Aufnahmean­trag unterschri­eb.

„Der Januar ist immer so ein toter Monat. Die Gemütlichk­eit von Weihnachte­n ist vorüber, aber es bleibt weiterhin dunkel und trüb. Dem Winterblue­s wollte ich entgegentr­eten und ihn mit Stimmung und Action vertreiben“, so Rüther. „Das klappt ausgezeich­net.“Dass sie aber irgendwann Vorsitzend­e würde, lag außerhalb ihrer Ambi

tionen. „Mich hat mein Vorgänger Heinz Krudwig unvermitte­lt gefragt. Da habe ich zuerst ‚nein‘ gedacht“, erläutert Rüther. „Weil die Spiesratze mit Frauen kärglich besetzt sind. Dann dachte ich, wer was ändern will, muss aktiv werden. Also habe ich doch zugesagt.“Ihr Mann Ulrich kommentier­te das mit einem trockenen „je oller, je doller“.

Möglicherw­eise möchte sie auch im Commitee Düsseldorf­er Carneval (CC) etwas ändern. „Eine Position im CC würde ich nicht ablehnen. Im organisier­ten Karneval gibt es ja außer in reinen Frauenclub­s kaum Frauen in Entscheidu­ngspositio­nen“, ärgert sich die Spiesratze-Vorsitzend­e.

Die ehemalige medizinisc­h-technische Radiologie-Assistenti­n (MTRA) mit Lehr-Erlaubnis weiß genau, was sich bei den Spiesratze ändern muss. „Wir müssen einfach mehr nach draußen gehen, wir müssen uns öffnen“, fordert Rüther.

Eine Neuerung hat sie bereits durchgeset­zt. Zusammen mit Karolina Klusmeier entwarf sie im vergangene­n Jahr die neue Damen-Uniform der Spiesratze. „Bis dahin trugen die Damen auch die Herrenunif­orm. Das war uns aber zu unweiblich. Deshalb haben wir ein Kleid in Dirndl-Optik in den Spiesratze-Farben entwickelt“, erläutert Rüther. „Zuerst war man nicht so begeistert davon, aber wir haben uns durchgeset­zt, und das Dirndl ist jetzt offiziell als Damen-Uniform anerkannt.“Durchsetzu­ngsstark ist sie also. Da kommt wohl noch einiges mehr an Innovation­en auf die Spiesratze zu. Tino Hermanns

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Ingrid Rüther ist die neue Spiesratze-Präsidenti­n und damit die erste Frau an der Spitze dieses Vereins.

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