Dreifache Mutter macht mit 53 Jahren ihr Abitur
Auch ohne Hochschulreife machte Sabine Eller-Smaili Karriere. Dennoch entschied sich die Speditionsangestellte noch einmal die Schulbank zu drücken.
Sabine Eller-Smaili kann es noch nicht fassen, was für ein Schriftstück sie da in den Händen hält. Doch ihre strahlenden Augen zeigen an, wie bedeutsam der Tag der Dokumentenübergabe für sie gewesen war. „So viel Druck, der von einem abfällt. Ein schönes Gefühl. Meine Mama war sehr stolz“, sagt die 53-Jährige. Denn seit dem 6. Juli, 37 Jahre nachdem sie ihre Schullaufbahn eigentlich schon mit dem Realschulabschluss beendet hatte, darf sich Eller-Smaili mit dem Erhalt des Abiturzeugnisses vom Abendgymnasium Düsseldorf nun offiziell Abiturientin nennen.
Welche Herausforderung sie damit gemeistert hat, wird mit einem Blick auf ihre Vita deutlich. Was bewegt eine alleinerziehende Mutter dreier Kinder samt Vollzeitjob bei einer Speditionsfirma dazu, noch mal eben abends die Schulbank zu drücken – und das auch noch vier Jahre lang?„Wenn ich meine Kinder damals zur Schule gebracht habe, kam mir immer das Gefühl, dass ich dort jetzt auch gerne sitzen würde, um noch was von den Lehrern zu erfahren. Ich bin sehr wissbegierig“, gesteht Eller-Smaili. Dass sie mit 16 lieber eine Ausbildung anfing, anstatt den Realschulabschluss auszuweiten, war auch durch gesellschaftliche Einflüsse bedingt: „Das war eine andere Zeit mit anderen Rollenbildern. Von einer Frau erwartete man nicht unbedingt einen Abiturabschluss.“Doch die Idee des Nachholens reifte immer weiter: „Andere gehen abends in die Kneipe oder suchen sich einen anderen Zeitvertreib. Aber mir macht Lernen halt Spaß. Dabei bleibt man auch im Kopf jung.“Sie kenne einige Bekannte, die trotz einer erfolgreichen Karriere in ihrem Leben gerne auch das Abitur gemacht hätten. Diejenigen möchte Eller-Smaili motivieren, den Traum doch nicht fallen zu lassen. Und sei es nur um des persönlichen Erfolgs willen: „Es ist nie zu spät, denn man lernt sein Leben lang nie aus.“
Gelernt hat Eller-Smaili in den vergangenen Jahren reichlich, hatte pro Woche 18 Unterrichtsstunden. Viermal in der Woche fuhr sie nach der Arbeit um 17.45 Uhr zum Abendgymnasium in den Räumlichkeiten der Friedrich-Rückert-Schule, um dort bis 22 Uhr Englisch oder Mathematik zu pauken. Den freien Sonntag opferte sie meist den Hausaufgaben. Dazu mussten auch Klausuren in den sechs wählbaren Fächern absolviert werden. Zur Vorbereitung auf die Abiturprüfungen nahm sie sich sogar drei kostbare Urlaubswochen. Verständlich, dass daher auf der spätabendlichen Heimfahrt nach Ratingen manchmal auch Zweifel am eingeschlagenen Weg aufkamen: „Das geht natürlich schon irgendwann an die körperliche Substanz. Besonders, weil auch die aktive Mitarbeit zählt und man sich bei so wenigen Leuten im Kurs nicht verstecken kann. Manchmal musste ich mich schon aufraffen, dahin zu fahren. Ohne das Entgegenkommen meiner Kollegen auf der Arbeit, wäre es kaum möglich gewesen.“Eller-Smaili schwärmt von ihren Klassenkameraden. Obwohl diese im Schnitt 25 Jahre alt waren, fand sie schnell Anschluss„Man lernt so viele Leute aus verschiedenen Bereichen mit verschiedenen Lebensgeschichten und Persönlichkeiten kennen. Alleingelassen wurde niemand, wir saßen ja alle im selben Boot. Da zieht man sich gegenseitig mit.“
Der Aufwand hat sich gelohnt, mit 2,2 schaffte Eller-Smaili sogar einen besseren Abiturschnitt als ihre beiden Söhne. Da auch ihre jüngste Tochter die Schule abgeschlossen hat, will Eller-Smaili die freie Zeit auf ihre Art füllen: mit einem Studium der Bildungswissenschaften an einer Fern-Uni.