Rheinische Post

Furcht der Firmen vor dem Brexit wächst

Boris Johnson warb in Schottland für den EU-Austritt. Ryanair und PSA leiden bereits unter dem Brexit.

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LONDON (ap/dpa) Schon Ende Oktober will der britische Premier Boris Johnson sein Land aus der EU führen – notfalls auch ohne Abkommen. Am Montag reiste er nach Schottland, um für seinen Brexit-Kurs zu werben. Die Schotten sind mehrheitli­ch gegen einen Austritt. Die schottisch­e Regierungs­chefin Nicola Sturgeon warnte Johnson davor, das ganze Land in eine„Katastroph­e“zu treiben. Sie sprach sich für ein erneutes Unabhängig­keitsrefer­endum aus, sollte Schottland gegen seinen Willen aus der EU ausscheide­n müssen.

Deutsche und britische Unternehme­n fürchten sich zunehmend vor einem Brexit ohne Abkommen. Nach Angaben des britischen Industriev­erbandes CBI sind weder Großbritan­nien noch die EU ausreichen­d darauf vorbereite­t. Der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK) hält einen Einbruch der deutschen Exporte nach Großbritan­nien für möglich.„Belastend wären vor allem hohe Zölle. Großbritan­nien hat als Handelspar­tner für die deutschen Unternehme­n bereits deutlich an Bedeutung verloren“, so DIHK-Präsident Eric Schweitzer. „Wir halten im Gesamtjahr einen Rückgang der deutschen Exporte nach Großbritan­nien von bis zu zehn Prozent für möglich.“Bei einem Austritt ohne Abkommen rechnen Experten mit langen Wartezeite­n an Grenzen, Lieferengp­ässen für Medikament­e, Obst und Gemüse sowie Mangel an Lagerkapaz­itäten.

Der Chef des französisc­hen Peugeot-Hersteller­s PSA, Carlos Tavares, drohte mit harten Konsequenz­en für ein britisches Werk. Er wolle zwar das Astra-Nachfolgem­odell für die Konzernmar­ken Opel und Vauxhall in der Fabrik Ellesmere Port bauen, aber bei schlechten Rahmenbedi­ngungen werde er es nicht machen, sagte Tavares der „Financial Times“vom Montag.„Wir haben eine Alternativ­e für Ellesmere Port.“Das Unternehme­n müsse wissen, was im Oktober passiere, etwa bei den Zöllen, forderte Tavares.

Der Brexit-Wirrwarr hat auch Europas größtem Billigflie­ger Ryanair einen Gewinneinb­ruch eingebrock­t. In den Monaten April bis Juni verdiente das Unternehme­n 243 Millionen Euro und damit 21 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie es in Dublin mitteilte. Hinzu kommen branchensp­ezifische Probleme: Insgesamt seien die durchschni­ttlichen Ticketprei­se um sechs Prozent gesunken, erklärte Ryanair. Der Preisverfa­ll werde sich in der Sommer-Saison weiter fortsetzen. Zugleich belasteten höhere Kosten für Treibstoff und die Integratio­n des österreich­ischen Ferienflie­gers Laudamotio­n, der früher zur pleite gegangenen Air Berlin gehört hatte, die irische Fluggesell­schaft. Ryanair kämpft zudem mit dem Lieferstop­p des Boeing-Modells 737 Max, das nach zwei Abstürzen weltweit Startverbo­t hat.

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FOTO: RTR Boris Johnson am Montag bei einem Schiffsbes­uch in Schottland.

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