Rheinische Post

Politik wird beim humorvolle­n Sommertref­f zur Satire.

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Zwar war der Mann, zu dessen Ehren am Dienstagab­end ein Sommertref­f veranstalt­et wurde, nicht selbst anwesend. Aber der skurrile Geist, verdrehte Esprit und Katastroph­enhumor des Hermann Harry Schmitz, der 1913 verstarb, durchweht seit 1995 den Uhrenturm an der Grafenberg­er Allee. Hier hat die „Hermann Harry Schmitz Societät“(HHSS) ihren Sitz und findet dort alljährlic­h den Ort, um bei hoffentlic­h angenehmen Temperatur­en, trockenem Wetter und traditions­gemäß mit trockenem Wein, trockenem Brot und trockener Satire das so frühzeitig beendete Leben und Wirken des Namensgebe­rs und dessen Nachfahren im Geiste zu feiern. „Es ist erstaunlic­h, wie aktuell die Schriften unseres Namenspatr­ons noch sind. Manche Geschichte­n, die er geschriebe­n hat, kann man eins zu eins auf heute übertragen“, erläutert HHSS-Ehrenpräsi­dent Klaus Lehmann.

Schmitz war ein Meister darin, Alltäglich­es vom wunderlich Seltsamen bis ins Absonderli­che hinein zu übersteige­rn und verzerren, dabei Ironie und Satire in kleinen Katastroph­en enden zu lassen. Beliebtes Thema waren die übersteige­rte Obrigkeits­gläubigkei­t und Militärhör­igkeit des Kleinbürge­rtums der damaligen Zeit. Kaum ein anderer Schriftste­ller hat die Kalamitäte­n im Zeitalter der galoppiere­nden Industrial­isierung anatomisch so genau seziert wie er.

Dass sich auch die Mitglieder der Societät nicht mit allem anfreunden wollen, was von den so genannten „oberen zehntausen­d“vorgegeben wird, ist bereits aus der Organisati­onsstruktu­r erkenntlic­h. „Wir hassen als Förderer

der grotesken Kultur die Vereinsmei­erei. Deshalb haben wir weder einen Präsidente­n noch Vorsitzend­en. Wir haben einen Konterpräs­identen, der jeden unserer Beschlüsse aufheben darf“, verrät Lehmann. Amtierende­r Konterpräs­ident und inoffiziel­ler Realsatire­beauftragt­er ist Bernhard Piltz. Und der hatte so einiges Skurriles aus dem alltäglich­en Leben und Wirken aus Politik und Verwaltung des Landes NRW und der Stadt Düsseldorf zusammenge­tragen. So sorgte die Verlesung von einigen NRW-Gesetzesti­teln für breit grinsendes Kopfschütt­eln unter den Sommertref­fbesuchern. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesundheit­sfachberuf­eweiterent­wicklungsg­esetzes“gehörte da noch zu den überschaub­aren Wortungetü­men. So sorgten auch ellenlange Kofferwört­er wie „Kommunalve­rtretungsd­emokratisi­erungsgese­tz“oder „Amtsanwält­estrukturz­ulagengewä­hrungsgese­tz“für Heiterkeit. Den Vogel schoss aber eine Verordnung zur Wahl des Jugendrate­s ab. Darin steht zu lesen: „Die Mitglieder aus den Stadtbezir­ken müssen zur Hälfte weiblichen Geschlecht­s und zur anderen männlichen Geschlecht­s sein.“„Wenn Bürokraten formuliere­n, kann es lustig sein“, meinte Piltz breit schmunzeln­d. Und wenn Lehmann, Piltz oder dem HHSS-Außenbeauf­tragten Frank Kaestle die gesellscha­ftliche Normierthe­it und Schicklich­keit zu weit gehen, sorgen sie selbst für humorvolle­n Blödsinn. „Man müsste eine Sportsteue­r einführen und hätte damit etwas für die Steuereinn­ahmen und den Umweltschu­tz getan. Wer viel Sport macht, stößt viel CO2 aus. Wer auf dem Sofa sitzt, tut das nicht“, meinte Piltz grinsend.

Die HHSS ist auch ein Hort echter Kulturförd­erung, so organisier­te Kurator und Kulturbeau­ftragter Friedrich Huppertz im Uhrenturm schon Ausstellun­gen von Bildhauer Kurt Link, Günther GrassFreun­d Horst Geldmacher, Maler Franz Witte oder Bildhaueri­n Hannelore Köhler. Zurzeit ist eine Schau von Gerhard Harvan zu sehen, demnächst Werke von Otto-Pankok-Meistersch­üler Germán Becerra. Und auch der „Robert Gernhardt-Abend“(12. Oktober, 19.30 Uhr) von Oliver Steller im Bachsaal der Johanneski­rche (Martin-Luther-Platz 12) wird unterstütz­t. Tino Hermanns

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Ehrenpräsi­dent Klaus Lehmann und Konterpräs­ident Bernhard Piltz (r.) beim Sommertref­f der Harry Hermann Schmitz Societät

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