Riesige Seerosen tragen Menschen
Im Botanischen Garten in Bochum sind die Pflanzen so groß geworden, dass ein Kind darauf sitzen kann.
BOCHUM Über den Teich des Gewächshauses neben der Ruhr-Universität spannt sich ein Teppich aus riesigen grünen Blättern. Was zuerst wie eine futuristische Kunstinstallation aussieht, ist bloß die Natur, die sich in dem kleinen Teich in Bochum austobt.
Während die teilweise extrem hohen Temperaturen des Sommers anderswo die Wiesen vertrocknen lassen und Bäume ihre Blätter abwerfen müssen, fühlen sich tropische Pflanzen wie etwa die Riesenseerose bei der Hitze extrem wohl. „Die Pflanzen mögen das warme Wetter“, sagt Wolfgang Stuppy, wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens der Ruhr-Universität Bochum.
Mit einem Durchmesser von 170 Zentimetern sind die Blätter der Seerosenart „Victoria Cruziana“nun so groß wie selten. In diesem Jahr habe es zudem keinen Schädlingsbefall gegeben, so Stuppy. Auch das habe sich positiv auf das Wachstum ausgewirkt.
Doch das Besondere ist nicht nur die außergewöhnliche Größe der Wasserpflanzen, sondern auch die Stabilität ihrer Blätter. Denn sogar Menschen können sich darauf setzen. So wie Wolfgang Stuppys siebenjährige Zwillinge, die bereits jeweils allein auf der „Santa-Cruz-Seerose“über das Wasser gleiten durften. Beide wiegen etwa 25 Kilo. „Die Blätter können bis zu 100 Kilo tragen“, sagt Botaniker Stuppy. „Aber nur, wenn das Gewicht absolut gleichmäßig verteilt ist.“Bei Erwachsenen sei es schwierig, sich so zu platzieren, ein flaches Brett könnten die Pflanzen hingegen tragen, ohne unterzugehen.
Ursprünglich kommt die sogenannte Santa-Cruz-Riesenseerose aus Südamerika und wächst vor allem in Argentinien in langsam fließenden Flüssen und stillen Süßwasser-Buchten. „Von der Aussaat bis zur erwachsenen Pflanze dauert es circa zwei Monate“, sagt Stuppy. Dass die Blätter so groß werden, liegt laut dem Botaniker daran, dass die Pflanzen im tropisch-heißen Klima versuchen würden, über die Blätter so vielWasser wie möglich verdunsten zu lassen.
„In den Tropen ist nun mal alles etwas größer“, sagt Wolfgang Stuppy. Und trotzdem ist die „Victoria Cruziana“nicht die größte aller Riesenseerosen. Die Blätter der Seerosenart „Victoria Amazonica“können einen Durchmesser von bis zu drei Metern erreichen. Sie ist im Amazonas-Becken heimisch.
Unter Botanikern gilt der Garten in Bochum als einer der besten in Deutschland. Neben den riesigen Seerosen wachsen auch Palmen, Bananenstauden und selbst Pflanzen aus dem Himalaya-Gebirge hier. Ein Highlight ist der Chinesische Garten. Die Pflanzensammlung ist bereits mehr als 50 Jahre alt.