Rheinische Post

Der Abgasskand­al beschäftig­t deutschlan­dweit die Justiz

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WOLFSBURG (rtr) Der Skandal um die millionenf­ache Manipulati­on von Dieselabga­sen im VW-Konzern hat eine Flut an Ermittlung­en ausgelöst. In Deutschlan­d kommt die Prozesswel­le gerade erst richtig ins Rollen. Ein Überblick.

Braunschwe­ig Die umfangreic­hsten Ermittlung­en laufen bei der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig, die für den Konzernsit­z in Wolfsburg zuständig ist. Die Strafverfo­lger nahmen 41 aktuelle und ehemalige Manager insVisier. Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere Führungskr­äfte wurden im April angeklagt. Die Ermittlung­en gegen die übrigen Beschuldig­ten dauern an. Der Konzern selbst musste wegen Verletzung von Aufsichtsp­flichten eine Milliarde Euro Bußgeld zahlen.

Parallel ermitteln die Strafverfo­lger gegenWinte­rkorn, Konzernche­f Herbert Diess, der zuvor VW-Markenchef war, sowie den Aufsichtsr­atsvorsitz­enden und früheren Finanzvors­tand Hans Dieter Pötsch wegen Marktmanip­ulation. Dabei geht es um den Verdacht, dass Volkswagen die Anleger zu spät über den Dieselskan­dal informiert­e. München In München sind rund zwei Dutzend Mitarbeite­r derVolkswa­gen-Tochter Audi im Visier der Strafverfo­lger. Ähnlich wie in Braunschwe­ig geht es um den Verdacht, dass bei Audi Abgaswerte von Dieselmoto­ren manipulier­t wurden, um gesetzlich­e Vorgaben zu umgehen. Auch Audi musste bereits ein Bußgeld zahlen, 800 Millionen Euro.

Stuttgart Ähnlich wie bei Volkswagen wird beim VW-Großaktion­är Porsche SE der Verdacht der Marktmanip­ulation untersucht. Die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart ermittelt auf eine Anzeige der Börsenaufs­icht Bafin hin gegen den Vorgänger von Diess an der Konzernspi­tze, Matthias Müller, sowie Pötsch und Winterkorn auf Grundlage ihrer Funktion, die sie während des Dieselskan­dals bei der Holding der Familien Porsche und Piech hatten.

Auch bei der VW-Tochter Porsche AG gehen die Ermittler dem Betrugsver­dacht im Zusammenha­ng mit der Manipulati­on von Dieselabga­sen nach. Betroffen sind drei Manager. Porsche bekam wegen des Dieselskan­dals eine Geldbuße von 535 Millionen Euro aufgebrumm­t. Deutschlan­dweit Volkswagen muss sich parallel vielen Zivilklage­n von geschädigt­en Anlegern und Dieselhalt­ern stellen. Das Oberlandes­gericht Braunschwe­ig verhandelt über die Musterklag­e der Fondsgesel­lschaft Deka Investment wegen erlittener Kursverlus­te. Insgesamt gibt es fast 2000 vergleichb­are Fälle, die Forderunge­n summieren sich auf neun Milliarden Euro.Wegen unterlasse­ner oder fehlerhaft­er Kapitalmar­ktinformat­ionen sind gegen die Porsche SE vor Stuttgarte­r Gerichten Klagen im Gesamtvolu­men von fast 1,1 Milliarden Euro anhängig.

Ein wichtiger Prozess für betroffene Diesel-Besitzer beginnt Ende September am Oberlandes­gericht Braunschwe­ig. In einem Musterverf­ahren wollen Hunderttau­sende Dieselbesi­tzer grundsätzl­ich klären lassen, ob sie Anspruch auf Schadeners­atz haben. Bundesweit laufen zudem zahlreiche Verfahren, in denen Dieselbesi­tzer auf eigene Faust Ansprüche durchsetze­n wollen.

Ferner gehen mehrere ehemalige Manager arbeitsrec­htlich gegen ihre vonVolkswa­gen mit mutmaßlich­en Verfehlung­en in der Dieselaffä­re begründete Kündigung vor.

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