Rheinische Post

Krebsbewäl­tigung in der Familie

Andie MacDowell spielt die Hauptrolle im US-amerikanis­chen Filmdrama „Love After Love“.

- VON LISA FORSTER

(dpa) Trauer ist keine schöne Angelegenh­eit. Auch nicht in „Love After Love“, dem Debütfilm des US-Amerikaner­s Russell Harbaugh. Er erzählt die Geschichte einer Familie, die mit dem Krebstod desVaters umgehen muss. Trauer ist hier ein rasselnder Atem, ein Wimmern, ein Mann, der auf die Toilette gebracht werden muss. Der Film ist indes weniger daran interessie­rt, was den Protagonis­ten zugestoßen ist, sondern daran, wie sie damit umgehen. Hier liegt die Stärke des Dramas: den Darsteller­n dabei zuzusehen, wie sie Figuren mit Leben füllen.

Auf ihre jeweils ganz eigene Weise bringt der Tod ihres Mannes die College-Professori­n und Familienmu­tter Suzanne (Andie MacDowell) und ihre beiden erwachsene­n Söhne Nicholas (Chris O‘Dowd) und Chris (James Adomian) aus dem Takt. Hier spricht keiner über seine Trauer oder liegt sich lange weinend in den Armen. Suzanne versucht, sich durch Treffen mit anderen Männern abzulenken. Nicholas fängt eine Reihe von Betrügen und Trennungen von verschiede­nen Partnerinn­en an. Chris betrinkt sich immer exzessiver.

Die Familienmi­tglieder entfremden sich voneinande­r und nähern sich wieder an, sind irritiert davon, wie die anderen mit der Situation umgehen, kommen aber auch mit dem eigenen Verhalten nicht klar. Meist halten sie Distanz zueinander und sich selbst aus.

In einer der besten Szenen des Filmes läuft Suzanne durch ein Hotel, nachdem sie gerade Sex mit einem neuen Mann hatte. Rastlos geht sie erst in die Bar und verirrt sich schließlic­h in einen Tanzraum. Im Hintergrun­d spielt ein melancholi­sches Solo-Piano, während sie plötzlich inmitten einer fröhlich tanzenden Gruppe steht. Hilflos und neugierig blickt sie sich um, versucht mitzutanze­n. Obwohl sie leise lächelt, wirkt sie fehl am Platz.

Das ist ein schönes Bild für die Orientieru­ngslosigke­it dieser Familie. Verstärkt wird das Gefühl durch die Art, wie „Love After Love“gefilmt ist. Die Szenen wirken oft wie lose oder zufällig aneinander­gereiht, es gibt viele Zeitsprüng­e. Am Ende steht keine Erklärung, die alles zusammenfü­hrt, hat die Trauer keinen Sinn. Die Menschen machen weiter, was manchmal besser und manchmal nicht klappt. Am Ende zeigt der Film den Tod vielleicht so, wie er auch im echten Leben ist.

„Love after Love“, USA 2019, 92 Min., von Russell Harbaugh, mit Andie MacDowell, Chris O‘Dowd, Gareth Williams.

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FOTO: DPA Andie MacDowell und Chris O‘Dowd in „Love After Love“.

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