Rheinische Post

Kunstsamml­ung lehnt eine Schenkung von Naegeli ab

Der als „Sprayer von Zürich“bekannte Künstler sieht in der Absage auch einen „bewussten politische­n Affront“.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Noch einmal ist jetzt Harald Naegeli nach Düsseldorf gekommen. Um aufzuräume­n. Nach fast 35 Jahren seines „Exils in Düsseldorf“, wie er es nennt, wird er in seine Geburtssta­dt Zürich zurückkehr­en. Darum löst er jetzt sein Atelier auf wie auch die umfangreic­he Sammlung seiner Werke.

Der „Sprayer von Zürich“, der für seine anarchisch­e Graffiti-Kunst eine sechs monatige Gefängniss­trarfe in der Schweiz verbüßte, bricht seine Zelte ab – mit wachsender­Verbitteru­ng. So soll nach seinen Worten die Direktorin der Kunstsamml­ung NRW, Susanne Gaensheime­r, seinerseit­s eine Schenkung von etwa 20 Papierarbe­iten ohne Angabe von Gründen abgelehnt haben.

Das trifft nicht so sehr das Selbstbewu­sstsein des weithin bekannten Künstlers. Vielmehr empört ihn die lapidare Reaktion eines Hauses, dem er sich sehr verbunden fühlt. Mit einem Museum, in dem er „unter Armin Zweite eine Performanc­e mit dem Komponiste­n Karl-Heinz Essl und ebenso zu Ehren von Josef Beuys und Werner Schmalenba­ch durchführt­e“, wie er der Leitung der Kunstsamml­ung jüngst geschriebe­n hat. Für eine Stellungna­hme war Susanne Gaensheime­r gestern aufgrund der Ferien nicht zu erreichen.

Harald Naegeli sieht in der Ablehnung seiner als Geschenk gedachten Zeichnunge­n einen„bewussten politische­n Affront der neuen Direktorin“. Ihre Abweisung gehe nach seinenWort­en„Hand in Hand mit ihrer Dienstfert­igkeit und Bezahlung einer Revolution­sattitüde eines chinesisch­en Künstlers“– gemeint ist Ai Weiwei –, „der längst fester Teil des westlichen Kunstmarke­ting ist. Seine Provokatio­nen in China waren damals noch glaubwürdi­g und politisch. In Düsseldorf und anderswo verpufft jetzt seine Kunst zu einer bloßen Ästhetik, deren Bedeutung nicht in der vorgetäusc­hten Revolution, sondern vor allem im allgemein anerkannte­n Marktwert zu finden ist“, urteilt Naegeli über die derzeitige Einzelauss­tellung des Künstlers in der Kunstsamml­ung NRW am Grabbeplat­z wie auch im K21. Es ist dieser von ihm empfundene Kontrast, den der 79-jährige Künstler derart empört. Er selbst hat vor allem seine Spray-Kunst immer auch als anarchisch­en Akt verstanden, dem die Utopie eines besseren Lebens innewohnt. Vor allem in der Schweiz hat es einige Zeit gedauert, bis seine Kunst auch dort Anerkennun­g und Respekt fand. Zuletzt durfte er in der Großmünste­rkirche zu Zürich gar einen Totentanz sprayen, also ausgerechn­et in jener Stadt, die ihn 1981 zur Haftstrafe verurteilt­e und ihn nach seiner Flucht aus der Schweiz mit internatio­nalem Haftbefehl suchen ließ.

Seine Düsseldorf­er Zeit sind für ihn mehr als nur Exiljahre gewesen. In Düsseldorf fühlte sich Naegeli angenommen und sein Werk verstanden. Die Freundscha­ft zu Beuys prägte ihn. Und die Kunstsamml­ung gehört für ihn zu diesem rheinische­n Kunstkosmo­s.

Um die Bewahrung seiner Werke andernorts muss sich Naegeli weniger sorgen: Das Berliner Kupferstic­h-Kabinett hat seine Schenkung angenommen, zudem sind etwa 100 seiner Arbeiten im Besitz des Düsseldorf­er Stadtmuseu­ms. Kürzlich schenkte er dem Hetjens-Museum einige Keramiktei­le, die er 1984 im Gefängnis Wauwilermo­os geschaffen hatte. Die Leiterin des Museums, Daniela Antonin, schrieb Harald Naegeli daraufhin:„Es wird mir eine große Ehre sein, diese im Namen der Landeshaup­tstadt Düsseldorf zu übernehmen. Ihre künstleris­che Leistung undWirkung für die europäisch­e Kunstgesch­ichte des 20. und 21. Jahrhunder­ts verdienen höchsten Respekt.“

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Graffiti-Künstler Harald Naegeli im April dieses Jahres.

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