Eine Nacht auf dem See
Urlaubsfeeling mitten in Düsseldorf: In den fünf Hausbooten auf dem Unterbacher See können Gäste die Seele baumeln lassen.
UNTERBACH Den Stress und die Hektik der Großstadt hinter sich zu lassen, ist in Düsseldorf gar nicht mal so schwer. Es gibt den Grafenberger Wald, die Urdenbacher Kämpe, das Rotthäuser Bachtal, um nur einige Beispiele zu nennen. Und es gibt den Unterbacher See. Der Campingplatz dort ist nicht nur für Einheimische ein willkommener Zufluchtsort, der Urlaubsgefühle wach werden lässt. Es geht aber auch eine Spur luxuriöser, denn der Zweckverband bietet seit einigen Monaten fünf fest an einem Steg am Ufer vertäute Hausboote an.
Der erste Eindruck täuscht, denn so klein, wie man es vermuten könnte, stellt sich das Innere des gerade einmal drei Meter breiten und acht Meter langen Bootes gar nicht dar. Ist doch alles vorhanden, was benötigt wird: Kochstelle mit zwei Induktionsherdplatten, Töpfe, Geschirr, Besteck, Wasserkocher; eine Nasszelle mit schickem Waschbecken und kleiner Toilette (die Dusche auf dem Campingplatz ist nicht weit); das etwas abschreckend wirkende Etagenbett bleibt unberührt (Kinder finden’s wahrscheinlich cool), denn mit zwei Handgriffen ist der Esstisch zusammengeklappt und in der Ablage verstaut, und die Sitzgruppe wird problemlos zu einer überraschend geräumigen Schlafstätte umgebaut. Hier hat sich jemand hinsichtlich platzsparender Funktionalität mal wirklich was Feines ausgedacht.
Das Wichtigste liegt ohnehin draußen: die Terrasse. Zwei Korbsessel, eine Bank, ein Tisch, mehr passt nicht drauf, mehr ist aber auch nicht nötig. Von hier lässt sich tagsüber das Treiben auf dem See beobachten, die Tretboote, Segelschiffe, eine Entenmama mit ihrer Kinderschar macht einen Familienausflug, eine Schwanenmama lehrt ihre beiden Sprösslinge diszipliniertes Schwimmen. Und weit und breit ist niemand, der stört.
Wenn dann spät abends die Sonne im See versinkt, die erste Flasche Wein geöffnet ist, nimmt die malerische Idylle meditatives Ausmaß an. Keine Menschenseele weit und breit ist zu sehen, die Camper im Rücken werden zumindest gedanklich ausgeblendet, stattdessen fühlt sich der Gast, als gehöre hier alles ihm. Der einsetzende Realitätsverlust ist leider nie ganz auszuschließen bei diesem Trip. Das minimale Schwanken ist nicht allein auf den Wein zurückzuführen, befinden wir uns doch auf dem Wasser. Aber die Wogen haben genau die notwendige Intensität, die es braucht, um später sanft hinüber in den Schlaf zu gleiten.
Fürs Frühstück geht’s kurz in den nahen Kiosk, wo die vorbestellten Brötchen schon bereitliegen, und der Kaffee aus dem Automaten schmeckt sogar besser als gedacht – was aber auch am allgemeinen Wohlgefühl, am Ausgeschlafensein liegen mag, da ist man weniger kritisch. Wer gleich ein ganzes Wochenende gebucht hat, findet am Unterbacher See genug Beschäftigungsmöglichkeiten. Im Preis inbegriffen ist der Besuch des Strandbades, dafür gibt’s einen Einlass-Chip für den Nebeneingang. Außer den diversen Wassersportarten locken eine ausgedehnte Jogging- oder Spazierrunde um den See (rund sechs gemütliche Kilometer), eine Partie Minigolf, Beachvolleyball und Beachsoccer.
Die Seeseite wechseln müsste man für den Klettergarten, der Bereich für die Freunde der Freikörperkultur befindet sich ebenfalls am Südstrand. Auch ein Ausflug ins Dorf ist eine Alternative, vielleicht verbunden mit einem Essen auf der Terrasse der Pizzeria La Rucola auf dem Breidenplatz. Bevor der bald zur großen Baustelle wird.
Und dann aber schnell wieder zurück aufs Boot, denn die Abgeschiedenheit, das Alleinsein, das versunkene Schauen auf See, Himmel und vielleicht noch den Strand gegenüber machen diese Auszeit vom Alltag ja aus. Das Handy wird nur gezückt, um den Sonnenuntergang im Bild festzuhalten. Damit man zu Hause was zum Prahlen hat.
An den Wochenenden sind die Hausboote zumeist ausgebucht, bei Messen sowieso, selten bleiben die Gäste nur für eine Nacht. Für Kinder ist diese maritime Bleibe ein kleines Abenteuer, für Liebende extrem romantisch, für Misanthropen nichts weiter als das schiere Paradies. Wer bei so viel himmlischer Ruhe irgendwann beginnt, mit sich selbst oder den Enten zu reden, dem sei dann vielleicht doch der ein oder andere Plausch mit den durchaus netten Nachbarn vom Campingplatz anzuraten. Andererseits: Die Enten widersprechen nie.