Rheinische Post

Kampf um ein bisschen Normalität

„37°“zeigt, wie Familien mit der Situation umgehen, ein krebskrank­es Kind zu haben.

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(ry) Die Diagnose Krebs ist nicht leicht zu verdauen, schließlic­h liegt die Krankheit auf Platz zwei der häufigsten Todesursac­hen, nur Herz-Kreislauf-Erkrankung­en sind für mehr Tote in Deutschlan­d verantwort­lich. Im Jahr 2014 gab es 476 120 Menschen, bei denen erstmals Krebs diagnostiz­iert wurde, wie der Krebsinfor­mationsdie­nst auf seiner Homepage mitteilt. 2018 wird mit einem Anstieg auf 493 600 Neuerkrank­ungen gerechnet. Allerdings muss man bedenken, dass die Lebenserwa­rtung heutzutage höher ist und andere Leiden, die früher lebensbedr­ohlich waren, nun behandelt werden können und damit aus der Statistik fallen. Zudem müssen sich jüngere Menschen im Normalfall keine großen Gedanken um Krebs machen, da dies vor allem ältere Menschen betrifft. Aber wie gehen Familien damit um, wenn der Fall doch eintritt? Das zeigt „37°“.

Eine solche Familie ist die von Steffi und Jörg. Diese scheint einen glückliche­n Osterurlau­b in Paris zu verbringen, wo sie die nach dem Brand teilweise zerstörte Kathedrale Notre-Dame besichtigt. Steffi und Jörg sind gern und oft auf Reisen mit ihren drei Kindern Leonie (16), Pauline (13) und Felix (10). Doch was unbeschwer­t aussieht, ist alles andere als das. Leonie ist schwer krebskrank. Seit 2016 hat sie einen Knochentum­or, der trotz Operatione­n und Chemothera­pie immer wieder zurückkehr­t, vor allem in Form von Lungenmeta­stasen. „Dieser Schock Krebs. Was heißt das für uns? Was heißt das an Einschränk­ungen? Man kann es gar nicht fassen“, erzählt Jörg rückblicke­nd. Er ist selbst Mediziner – und plötzlich betroffene­r Vater.

Für die Familie ist nichts mehr alltäglich, alles richtet sich nach Leonies Therapien.„Wir haben immer eine Pause von höchstens drei Monaten. Nur so lange können wir planen und Normalität leben“, sagt Steffi. Alle drei Monate wird ein neues CT von Leonies Lunge gemacht. Durchatmen, wenn es ohne Befund ist, oder erneut bangen und hoffen, dass es noch andere Therapiean­sätze gibt.

Fabios Diagnose kam auf dem Weg in den Sommerurla­ub nach Italien. Der Junge hatte plötzlich Nackenschm­erzen. Eigentlich kein Grund zur Sorge. Doch seine Mutter Katja wollte es lieber noch bei einem Arzt in Deutschlan­d abklären lassen. „Und dann standen wir plötzlich mit Reisegepäc­k und Schwimmärm­eln auf der Kinder-Onkologie. Ich war mir sicher, das muss ein Irrtum sein.“

Fast ein Jahr Krankenhau­s, nicht wissend, ob die Chemothera­pie anschlägt, ob Fabios Leukämie auch ohne Knochenmar­ktransplan­tation behandelt werden kann. Das ganze Familienle­ben zerbröselt, jeder ist mit seinen Sorgen um das Kind beschäftig­t, nichts ist mehr wie vorher. Und dann gibt es ja auch noch Fabios Schwester, die neunjährig­e Lisa, um die sich die Eltern kümmern wollen. Während die Mutter die meiste Zeit auf der Krebsstati­on verbringt, sorgt der Vater zu Hause für die Tochter.„Wir sind im Prinzip wie zwei Alleinerzi­ehende, jeder hat ein Kind. Meine Frau ist in der Klinik, und ich bin zu Hause mit Lisa“, erzählt Alex, Fabios Vater.

Familienle­ben im Ausnahmezu­stand – da ist keine Zeit für Tränen. Ein Jahr begleitete„37°“Fabios und Leonies Eltern durch diese schwere Zeit, war dabei, als ihre Kinder eine schmerzhaf­te Behandlung oder Operation durchstehe­n mussten, als es eine Therapiepa­use zu Hause gab oder einen Rückschlag. Was passiert mit einer Familie, wenn die Krankheit Krebs plötzlich alles beherrscht? „Wichtig ist ja auch dieses Leben zwischendr­in. Nicht nur immer überlegen, was ist, wenn wieder was ist“, sagt Steffi, Leonies Mutter.

Anabel Münsterman­n zeigt zwei Elternpaar­e, denen es darum geht, ihren Kindern auch einen Alltag zu ermögliche­n, ihnen zwischen Chemothera­pie, Bangen und Hoffen zu zeigen, dass das Leben trotzdem schöne Momente hat. Auch wenn sie das als Eltern an manchen Tagen selbst nicht glauben.

37°: Keine Zeit für Tränen, 22.15 Uhr, ZDF

 ?? FOTO: ZDF/ANABEL MÜNSTERMAN­N ?? Trotz Leonies (r.) schwerer Krebserkra­nkung versucht die Familie, so normal wie möglich weiterzule­ben. Mutter Steffi ist dankbar für diese geschenkte, kostbare Zeit.
FOTO: ZDF/ANABEL MÜNSTERMAN­N Trotz Leonies (r.) schwerer Krebserkra­nkung versucht die Familie, so normal wie möglich weiterzule­ben. Mutter Steffi ist dankbar für diese geschenkte, kostbare Zeit.

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