Lob der politischen Korrektheit
Tönnies, Dickel, Owomoyela: alles nicht so schlimm? Es ist zum Haareraufen.
Jetzt ist die Aufregung groß wegen Clemens Tönnies, Norbert Dickel und Patrick Owomoyela. Der erste, Aufsichtsratschef von Schalke 04, redete über Afrikaner, die im Dunkeln „Kinder produzieren“. Der zweite, Stadionsprecher von Borussia Dortmund, sprach im vereinseigenen Radio von „Itakern“. Der dritte, Ex-BVBSpieler, machte dort Hitler nach. Die Aufregung ist groß. Mindestens so sehr wie über die drei Herren allerdings über diejenigen, die sie zu kritisieren wagten: Nicht so schlimm! Ironie! Böhmermann darf das doch auch! Hetzt doch nicht so! Mal wieder typisch, diese deutsche Überkorrektheit! Man wird doch wohl noch!
Es ist zum Haareraufen, was hier alles durcheinandergeht. Erstens: Nein, man wird nicht. Nicht in öffentlicher Rede – was jeder privat witzig finden und tolerieren will, ist ihm überlassen. Wer öffentlich spricht, hat eine andere Verantwortung. Zweitens: Ironie und Satire (etwa Jan Böhmermann als Adolf Hitler) denken sich was bei ihrer Grenzüberschreitung. Dickel und Owomoyela, das wird man sagen dürfen, haben leider nicht nachgedacht. Drittens: Hetze? Ein Teil der Kritik war überzogen, richtig. Der „Hetze!“-Einwand soll aber meist Kritik per se abwehren. Dabei geht es den vernünftigen Kritikern um die Sache, nämlich das Gesagte. Solche Entgleisungen kommen heute nicht mehr einfach durch, zum Glück. Und viertens die „Überkorrektheit“: Was wäre denn bitte korrekt? Ein Negerwitz pro Woche? Oder Itakerwitze schon, aber Judenwitze nicht? Nein, auf Anstand und Respekt gibt’s keinen Rabatt. Überall werden gerade sprachlich Grenzen überschritten. Dabei darf man nicht aus Gedankenlosigkeit mitmachen oder es aus Bequemlichkeit geschehen lassen. Politische Korrektheit ist kein Terrorinstrument, sie ist die Leitplanke, die unseren Umgang in Bahnen hält. Wir sollten froh darüber sein.
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