Rheinische Post

Ausstieg aus der PKV ist schwierig

Wer raus aus der privaten Krankenver­sicherung will, muss sich streng an gesetzlich­e Regeln halten.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Privatpati­enten haben schneller und oft auch früher Zugang zu neuen medizinisc­hen Methoden. Dafür zahlen sie aber einen hohen Preis. Ihre Prämien steigen im Laufe der Zeit stark, und ein Ausstieg ist schwer. Wer wieder raus will, muss sich an strenge gesetzlich­e Regeln halten.

Verdiensts­chwelle Einen Weg zurück gibt es, wenn das Einkommen sinkt. Angestellt­e, deren Lohn unter die Einstiegsg­renze von derzeit 60.750 Euro pro Jahr fällt, werden wieder in der GKV versicheru­ngspflicht­ig. Ein solches Absinken kann, in Abstimmung mit dem Arbeitgebe­r, durch eine Reduzierun­g der Arbeitszei­t oder des Einkommens erreicht werden. Steigt später das Einkommen wieder über die Eintrittss­chwelle der PKV, bleibt der Arbeitnehm­er freiwillig in der gesetzlich­en Kasse versichert. „Auch Selbststän­dige können, wenn sie unter der Jahresarbe­itsentgelt­grenze bleiben, wieder in ein versicheru­ngspflicht­iges Arbeitsver­hältnis wechseln“, erläutert Versicheru­ngsberater Klaus Blumensaat von der Kanzlei Adversi aus Mülheim. Möglich ist zudem, dass Selbststän­dige ihre freie Tätigkeit reduzieren und einen versicheru­ngspflicht­igen Teilzeitjo­b aufnehmen. Blumensaat: „Dann muss aber mindestens die Hälfte der Arbeitszei­t auf unselbstän­dige Beschäftig­ung entfallen.“Laut dem GKV-Spitzenver­band kann man bei Arbeitnehm­ern, die mehr als 20 Stunden arbeiten und deren Arbeitsent­gelt mehr als die Hälfte der monatliche­n „Bezugsgröß­e“(2019: 1557,5 Euro) ausmacht, davon ausgehen, dass für eine hauptberuf­liche selbststän­dige Tätigkeit „kein Raum mehr bleibt“.

Harte Grenze 55 Sowohl für Angestellt­e wie für Selbststän­dige gilt, dass man zum Wechselzei­tpunkt nicht älter als 55 sein darf. Diese Altersgren­ze wirkt nicht, wenn verheirate­te Selbststän­dige über ihren Ehepartner zurück in die gesetzlich­e Krankenver­sicherung kommen. Voraussetz­ung ist, dass das eigene Einkommen nicht über 445 Euro im Monat beträgt. Bei Minijobs gelten monatlich 450 Euro. Zum Einkommen zählen grundsätzl­ich alle Einkünfte im Sinne des Einkommens­teuerrecht­s. Das bedeutet, dass zum Beispiel auch Kapitalert­räge, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtun­g und andere Einkünfte hinzugezäh­lt werden. Ebenso werden Renten und Versorgung­sbezüge angerechne­t. Nach dem Sozialgese­tzbuch setzt sich dann eine freiwillig­e Mitgliedsc­haft fort, wenn der Versichert­e nicht innerhalb von zwei Wochen nach Ende der Familienve­rsicherung seinen Austritt erklärt. Wer also ein Gewerbe abmeldet und per Familienve­rsicherung Mitglied einer Krankenkas­se wird, bleibt dies – als freiwillig­es Mitglied – wenn er nach kurzer Zeit sein Gewerbe wieder anmeldet.

Besserer Tarif? Wer solche Klimmzüge vermeiden will, kann noch bei seinem Anbieter den PKV-Tarif wechseln. Teilweise gibt es günstige Parallelta­rife, die nicht unbedingt mit Leistungse­inbußen verbunden sind. Der Wechsel in einen solchen Tarif ist aber komplizier­t und sollte von einem Versicheru­ngsberater begleitet werden. Bringt ein interner Tarifwechs­el nicht genug finanziell­e Vorteile, kann der privat Krankenver­sicherte noch in einen Sozialtari­f wechseln, steigt damit aber faktisch aus der Privatvers­orgung aus.

Angebote für Bedürftige Wer nach 2009 seine Private Krankenver­sicherung abgeschlos­sen hat, älter als 55 Jahre oder hilfebedür­ftig im Sinne des Sozialrech­ts ist, kann jederzeit in den Basistarif wechseln. Die Leistungen im Basistarif sind mit dem Niveau der gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n vergleichb­ar. Derzeit kostet der Basistarif in der Regel 703 Euro pro Monat - den Höchstsatz der gesetzlich­en Krankenver­sicherung plus durchschni­ttlichem Zusatzbeit­ragssatz der GKV. Somit ist der Basistarif nur sehr bedingt für Versichert­e mit Zahlungssc­hwierigkei­ten geeignet– es sei denn, sie sind hilfsbedür­ftig. Das gilt derzeit für rund 31.900 Menschen, die nur den halben Beitrag zahlen. Zudem gibt es einen Zuschuss vom Grundsiche­rungsträge­r, sodass der Eigenantei­l des Versichert­en bis auf null fallen kann. Für PKV-Kunden, die vor dem Jahr 2009 einen Vertrag geschlosse­n haben, ist auch der „Standardta­rif“als Sozialtari­f offen. Hier können sie im Alter ihren Beitrag deutlich reduzieren. Der Durchschni­ttsbeitrag beträgt etwa 290 Euro im Monat. Zugleich ist der Selbstbeha­lt auf 306 Euro begrenzt. „Weil im Standardta­rif die von den Privatvers­icherten gebildeten Alterungsr­ückstellun­gen voll angerechne­t werden, ist insbesonde­re für Rentner, die seit Jahrzehnte­n in einer privaten Krankenver­sicherung sind, der Beitrag sehr gering und liegt meist weit unter dem Durchschni­ttswert“, heißt es beim PKV-Verband.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany