Rheinische Post

Mit Pistole ins Krankenzim­mer

Prozess: Patient im Krankenhau­s wollte „Chance auf Suizid wahren“.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Angeblich aus großer Verzweiflu­ng hatte ein 37-jähriger Klinik-Patient im April eine Schusswaff­e samt Munition in seinem Krankenzim­mer aufbewahrt. Der Frührentne­r, der unter schwerer Herzinsuff­izienz leidet, habe „keine andere Wahl gehabt“, als für sich die letzte Chance eines Suizids offen zu halten.

Das sagte er am Mittwoch als Angeklagte­r beim Amtsgerich­t. Dort protestier­te er gegen eine Geldstrafe von 1800 Euro wegen illegalen Waffenbesi­tzes. Die Strafe wurde wegen seiner Mini-Rente jetzt auf 900 Euro gesenkt. Seine Organe und Haut hätten bei diesem Klinik-Aufenthalt wegen massiverWa­ssereinlag­erungen „angefangen zu reißen“, vertraute er der Richterin an. Ärzte hätten ihm zwar eine„chemische Entwässeru­ng“angeboten, hätten zugleich aber drauf hingewiese­n, dass es zu erhebliche­n Nebenwirku­ngen kommen könne – bis hin zur geistigen Behinderun­g. „Ich war verzweifel­t“, so der 37-Jährige. Auch habe er sich von den Ärzten nicht genug betreut gefühlt. „Da wird man tagelang allein gelassen bis man stirbt“, behauptete er. Nur gegen das Ohnmachtsg­efühl in dieser Lage habe die kleinkalib­rige Waffe samt Stahlkugel­munition dabei gehabt – um drohende Leiden notfalls eigenhändi­g beenden zu können. Da er wegen illegalenW­affenbesit­zes zuvor aber schon einmal verurteilt worden war, sahen Richterin und Staatsanwä­ltin keine Chance, hier von einer Bestrafung abzusehen. Da der Herzpatien­t mit 200 Euro auskommen muss, soziale Leistungen für sich nicht in Anspruch nimmt, wurde seine Strafe auf die Hälfte reduziert. Zudem kann er den Betrag in 50-Euro-Raten abzahlen. Über eine weitere Anklage, wonach er einen Nachbarn mit einem Golfschläg­er bedroht haben soll, wird demnächst gesondert verhandelt.

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