Rheinische Post

Das neue Tersteegen-Haus ist fertig

Weil das Gebäude in die Jahre gekommen war, wurde es abgerissen und neu gebaut. 90 Plätze gibt es auf drei Etagen.

- VON HELENE PAWLITZKI

GOLZHEIM Rund ums Tersteegen-Haus wird gewerkelt – immer noch. Zwar steht der Neubau, ist eingericht­et und der Garten schon begrünt. Aber trotzdem gibt es noch viel zu tun: Im dritten Stock fehlt noch ein Treppengel­änder, vor dem Haus noch ein paar Pflasterst­eine und auf manchen Etagen hängen noch keine Bilder. „Das haben wir bewusst so gewählt“, sagt Einrichtun­gsleiter Volker Tewes. Das Haus soll langsam wachsen, Gestalt annehmen. Die Bewohner und das Personal sollen Zeit haben, das Gebäude zu ihrem zu machen.

Seit 35 Jahren gibt es das Tersteegen-Haus an dieser Stelle, in der Friedrich-Lau-Straße in Golzheim. Gerhard Tersteegen ist ein niederrhei­nischer Kirchenlie­ddichter aus dem 18. Jahrhunder­t. Das Pflegeheim heißt nach der evangelisc­hen Kirchengem­einde gleichen Namens, das der Diakonie das Gelände in Erbpacht überlassen hat. Weil das ursprüngli­che Gebäude in die Jahre gekommen war, beschloss die Diakonie irgendwann, es abzureißen und neu zu bauen. 2014 eröffnete dann das Ferdinand-Heye-Haus in Gerresheim. Hier konnten die ehemaligen Bewohner des Tersteegen-Hauses einziehen. Zwischendu­rch diente das alte Gebäude als Flüchtling­sunterkunf­t. 2018 wurde es neu gebaut – und seit Ende Juni ist es bezugsbere­it.

Zu den ersten Bewohnerin­nen gehörten Antje Kretschman­n (81) und Rosa Kaiser (84). Sie haben bereits ihre 20-Quadratmet­er-Zimmer auf der zweiten Etage bezogen.„Die ganze Atmosphäre ist wunderbar“, sagt Rosa Kaiser, die vorher in Telgte wohnte und nun näher zu ihrer Tochter gezogen ist. „Das Haus ist sehr modern und die Räume sind schön.“Und Antje Kretschman­n, eine echte Golzheimer­in, ergänzt: „Man fühlt sich direkt wohl hier.“

Das Haus bietet 90 Plätze auf drei Etagen sowie 14 Kurzzeitpf­lege-Plätze im Erdgeschos­s. Eigentlich schon wieder zu wenig – laut Stefanie Krones, im Diakonie-Vorstand für das Thema „Leben im Alter“zuständig, fehlen in ganz Düsseldorf etwa 1000 Plätze. Daher gibt es auch bereits für das Tersteegen-Haus eine Warteliste. Drei Themen will die Diakonie in der Einrichtun­g in den Fokus stellen: eine besonders gute Palliativ-Versorgung, also die Pflege sterbenskr­anker Menschen; ein besonders gutes Arbeitskli­ma, das von Toleranz und Verständni­s geprägt sein soll; und die Förderung der Eigenständ­igkeit der Bewohner. „Wenn jemand noch in der Lage ist, ein Glas Mineralwas­ser einzuschen­ken, werden unsere Mitarbeite­r diese Fähigkeit fördern“, stellt Leiter Volker Tewes in Aussicht. „Und wer seinen Mitbewohne­rn dann auch einschenke­n kann, erfährt noch einmal die eigene Bedeutung für andere. Das macht glücklich.“

In das Haus mit den breiten Fluren fällt an vielen Stellen Licht durch bodentiefe Fenster. Auf jeder Etage gibt es eine große überdachte Terrasse, natürlich barrierefr­ei und selbst für bettlägeri­ge Menschen zugänglich. Überall gibt es Sitzecken mit Sesseln und Tischchen. Das Herz jeder Etage bildet ein Speiseraum mit offener Küche, in der kleine Mahlzeiten auch vom hauswirtsc­haftlichen Personal zubereitet werden können – wenn möglich, mit Unterstütz­ung der Bewohner. Jedes Zimmer ist mit Pflegebett, Nachttisch, Schrank und Sideboard ausgestatt­et, außen hängt ein eigener Briefkaste­n. Viel Platz ist zwar nicht, aber einige Lieblingss­tücke werden die Bewohner mitbringen können.„Natürlich ist der Umzug in ein Pflegeheim immer eine große Umstellung“, sagt Volker Tewes. „Die meisten Bewohner hatten vorher 60 Quadratmet­er und müssen viele Möbel aufgeben.“Oft stelle sich danach aber ein Gefühl der Erleichter­ung ein, sagt Diakonie-Vorstand Stefanie Krones. „Bei allein lebenden Senioren wird die eigene Wohnung am Schluss oft zur Belastung. Weil die Menschen keine Angst haben müssen zu stolpern oder die Orientieru­ng zu verlieren, erweitert sich der Radius bei uns auf einmal wieder.“Hinter dem Tersteegen-Haus befindet sich eine barrierefr­eie Außenfläch­e mit altem Baumbestan­d und einigen Bänken. DerWeg zur benachbart­en Kirchengem­einde ist kurz.

Gerade diese Anbindung mache die Atmosphäre im Tersteegen-Haus immer schon sehr familiär, sagt Pflegedien­stleiterin Sabine Sylvester-Bierwas. „Neulich brachte ein Gemeindemi­tglied einfach mal einen Kuchen und einen Strauß Blumen vorbei“, erzählt sie. „Der Umzug hierher war wie nach Hause kommen.“

Langsam füllt sich das Haus mit Fachkräfte­n – und auch mit Bewohnern. Eine ehemalige Musiklehre­rin musste die ersten fünf Tage ohne ihr Klavier auskommen.„Als es dann kam, schmiss sie ihren Stock in die Ecke und begann schon im Aufzug mit dem Spielen“, berichtet Sylvester-Bierwas. Jetzt erfreut sie ihre Mitbewohne­r regelmäßig mit Musik. „Sehr gut ist das“, sagt Antje Kretschman­n.„Ich gehe immer mal zum Zuhören hin.“

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Rosa Kaiser (l.) und Antje Kretschman­n gehören zu den ersten Bewohnern des neu eröffneten Tersteegen-Hauses in Golzheim.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Rosa Kaiser (l.) und Antje Kretschman­n gehören zu den ersten Bewohnern des neu eröffneten Tersteegen-Hauses in Golzheim.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany