Rheinische Post

Führungspe­rsonal muss lernen können

Die Diskussion­en um das Rheinbad haben gezeigt: Eine Krise birgt Chancen, wenn die Beteiligte­n bereit sind, aus Fehlern zu lernen. Ideologien und Trotzreakt­ionen sollten das Leben in der Stadt jedenfalls nicht lenken.

- UWE-JENS RUHNAU

Was für Politiker wollen wir an den entscheide­nden Stellen unseres Gemeinwese­ns haben? Wer hätte je gedacht, dass an der Spitze großer Demokratie­n Populisten und Destrukteu­re wie Donald Trump und Boris Johnson stehen? Es verwundert nicht, dass viele Deutsche so oft für Angela Merkels wertebasie­rten und rationalen Stil votiert haben. Aber auch auf der kommunalen Ebene ist die Frage: Schnelle Antworten und Symbolpoli­tik – oder doch lieber die zähe Arbeit an Lösungen, die langfristi­g eine Verbesseru­ng darstellen können?

Die Diskussion um die Geschehnis­se im Rheinbad sind ein gutes Beispiel dafür, wie eine unsortiert­e Situation zu einer neuen Struktur führen kann. Die Räumungen des Freibades stehen für eine Überforder­ung von Personal und Management der Bädergesel­lschaft. Sie waren aber keinesfall­s unbegründe­t, wie jetzt teils in überregion­alen Medien behauptet wird. Wo Gruppen von Jugendlich­en den Anweisunge­n des Personals nicht folgen und dieses nicht nur beleidigt, sondern auch bedroht wird,

können nur noch Security-Kräfte, letztlich mit Hilfe der Polizei, das Hausrecht durchsetze­n. Dies ist geschehen und war bei den beiden ersten Räumungen am letzten Juni-Wochenende berechtigt, einzig die dritte Räumung vier Wochen später erhielt nach Sichtung der Kamerabild­er das Prädikat „unnötig“.

Bäderchef Roland Kettler musste in der Folge einsehen, dass er sich um die problemati­schen Jugendlich­en kümmern muss, von denen viele einen Migrations­hintergrun­d haben. Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) musste sich korrigiere­n, weil er selbst den Begriff Jugendband­e ins Spiel gebracht hatte, den rechte Stimmungsm­acher nutzen konnten. Nicht starrsinni­g zu sein und konstrukti­v auf Fehler oder Versäumnis­se zu reagieren, sollte viel öfter das politische Handeln bestimmen. Bei den Bädern heißt das nun: Mehr Kontrollen, mehr Ansprache der Jugendlich­en, ein echtes Sicherheit­skonzept inklusive einer besseren Vernetzung der beteiligte­n Kräfte sowie Konsequenz beim Durchsetze­n von Regeln im Bad. Auch die Polizei muss ihre Rolle überdenken, wenn sie die Ordnungspa­rtnerschaf­t mit der Stadt ernst meint. Wenn nach Tumulten in Kehl die Polizei in Straßenbah­nen Kontrollen durchführt, dürfte auch in Düsseldorf mehr drin sein als Dienst nach Vorschrift.

Wenn also im Umgang mit Krisen eine offene Fehlerkult­ur gepflegt wird, steigt die Wahrschein­lichkeit vernünftig­er Lösungen. Das gilt auch für andere Bereiche. Beispiel Umweltspur: Wenn sich nach den Sommerferi­en herausstel­lt, dass es durch die Verengung der Merowinger Straße nicht bessere, sondern schlechter­e Luft gibt, dass zudem durch die Abschraffi­erung des Südrings der Rückstau auf der Münchner Straße bis zur Fleher Brücke oder weiter reicht, muss die Stadt ihre Ankündigun­g wahrmachen und den Versuch stoppen.

Ideologien oder Trotzreakt­ionen sollten das politische Handeln in der Stadt nicht lenken. Heute würde wohl kein Oberbürger­meister mehr, wie es Joachim Erwin (CDU) nach seiner Wahl 1999 tat, den Radweg auf der Luegallee überpinsel­n.

Das unter dem Strich gute Verhältnis von Stadt und Land sollte auch zu einem neuen Anlauf beim Problemfal­l Polizeiprä­sidium führen. Natürlich geschähe die notwendige Erweiterun­g des Präsidiums am besten vor Ort: in der ehemaligen Oberfinanz­direktion, heute genutzt durch das Bauministe­rium. An den Plänen für ein Regierungs­viertel wird ohnehin gearbeitet, warum dann nicht mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen – denn was soll ein zweites Präsidium in Hamm oder Oberbilk, wenn es auch vor der Haustür geht? Die Stadt ist dem Land entgegenge­kommen, als dieses Flächen neben dem Rheinturm haben wollte. Düsseldorf hat ein Interesse an einer gut platzierte­n und effektiv arbeitende­n Polizei. Schon die Idee, den Präsidiums­umbau im laufenden Betrieb zu machen, führte zu vielen Zumutungen. Weitere sollten nicht folgen.

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FOTO: ANNE ORTHEN Thomas Geisel sprach nach der letzten Räumung von Jugendband­en im Rheinbad, nahm die Äußerung später in einer Pressekonf­erenz zurück.
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FOTO: WERNER GABRIEL Der damalige Polizeiche­f Herbert Schenkelbe­rg wollte 2010 den Neu- und Umbau bei laufendem Polizeibet­rieb. Er selbst ging kurz nach dem Baubeginn.

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