Rheinische Post

Klempner verzweifel­t gesucht

Unternehme­n müssen im Schnitt 200 Tage auf eine Nachbesetz­ung warten.

-

MÜNCHEN (dpa) Klempner, Sanitärins­tallateure, Heizungs- und Klimatechn­iker sind die begehrtest­en Berufe in Deutschlan­d – zumindest aus Arbeitgebe­rsicht. In keiner anderen Branche dauert es so lange, freie Stellen zu besetzen, wie aus einer neuen Analyse der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) zu Fachkräfte­engpässen hervorgeht. Demnach sind fast zwei Drittel aller freien Stellen in diesen Gewerken länger als drei Monate unbesetzt, und die durchschni­ttlicheVak­anzzeit beträgt mittlerwei­le 200 Tage. An zweiter Stelle folgt die Altenpfleg­e mit 199 Tagen Vakanzzeit vor Bodenleger­n mit 185 Tagen.

Abgesehen vom Lehrlings- und Azubimange­l fehlen auch Anwärter mit abgeschlos­sener Berufsausb­ildung: Bei Klempnern, Sanitär, Heizung und Klima haben im Schnitt 46 Arbeitslos­e dieWahl unter 100 freien Stellen. In der Altenpfleg­e ist dieses Verhältnis noch ungünstige­r für die Arbeitgebe­r: 27 zu 100.

Insgesamt dokumentie­rt die BA 30 Berufsgrup­pen, in denen besonders viele Fachkräfte fehlen. Insgesamt mehr als 472.000 freie Stellen waren Ende Juli nur in diesen Branchen gemeldet. In absoluten Zahlen gab es mit 63.000 offenen Stellen den größten Mangel bei den fertigungs­technische­n Berufen, dazu zählen unter anderem Industriem­echaniker und Feinwerkme­chaniker. An zweiter Stelle folgten die Gesundheit­sberufe mit 61.000 Stellenang­eboten.

Für die Bürger wird der Personalma­ngel nur in einzelnen Branchen spürbar, jedoch in wichtigen: So sind in diesem Sommer in Bayern reihenweis­e Züge ausgefalle­n, weil Lokführer fehlten. Bundesweit mehren sich die Meldungen über vorübergeh­ende Stationssc­hließungen in Krankenhäu­sern, weil es an Krankensch­western und -pflegern mangelt.

Auch Ärzte werden zum knappen Gut, und zwar sowohl niedergela­ssene Hausärzte als auch Krankenhau­smediziner. Ende Juli waren laut BA 2539 freie Ärztestell­en gemeldet, ein Anstieg von knapp 15 Prozent seit 2014. Hinzu kommen die fehlenden Hausärzte, die in der BA-Statistik nicht auftauchen: Schon 2017 waren nach Angaben der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV) 2600 freie Hausarzt-Praxen gemeldet, aktuellere Zahlen hat die KBV in ihren Gesundheit­sdaten nicht publiziert. Da das Durchschni­ttsalter der niedergela­ssenen Ärzte laut KBV bei über 54 Jahren liegt – und gut ein Fünftel bereits den 60. Geburtstag hinter sich hat – fürchten Fachleute vor allem auf dem Land wachsende Probleme in der Versorgung.

Die Zahlen der Bundesagen­tur dokumentie­ren nicht den gesamten deutschen Arbeitsmar­kt, da nicht alle Firmen sämtliche offenen Stellen bei ihrer örtlichen Arbeitsage­ntur melden. Managerjob­s für Führungskr­äfte werden in aller Regel nicht über die Arbeitsage­nturen vermittelt, Selbststän­dige werden ohnehin nicht erfasst, und auch einer der größten deutschen Arbeitgebe­r fehlt weitgehend in der BA-Statistik: die Bundeswehr. Der Staatsbetr­ieb Streitkräf­te ist mutmaßlich das Unternehme­n mit dem größten Einzelbeda­rf an Fachkräfte­n: Die Bundeswehr hat alljährlic­h rund 25 000 Stellen zu besetzen, wie ein Sprecher der Bundeswehr in Köln auf Anfrage sagte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany