Abhilfe schaffen
Zu „Ex-Bundespräsident sieht Demokratie in Gefahr“(RP vom 27. Juli): Herr Lammert wirft den Gerichten vor, „die deutsche Rechtsordnung nicht ernst zu nehmen“. Recht hat er. Wer eine Straftat in Berlin begeht, darf „mit Recht“hoffen, eine deutlich niedrigere Strafe zu erhalten, als wenn er (oder sie) dieselbe Tat in Bayern begangen hätte. Erstaunlich dann sein Hinweis, dass er „Klagen über Personalmangel“nicht gelten lasse. Justiz, Polizei und auch Ordnungsbehörden müssen offensichtlich überfordert sein angesichts der enormen Zahl von Delikten, mit denen sie tagtäglich in der ganz realen Welt konfrontiert werden. Die Liste von nicht geahndeten Gesetzesverstoßen, deren kleinere und manchmal auch größere Folgen die Bewohner gerade der Ballungsgebiete tagtäglich ausbaden müssen, ließe sich beliebig fortsetzen. Und neben den Straftaten bleiben auch Ordnungswidrigkeiten massenhaft ungeahndet, da Polizei und Ordnungsämter in den Innenstädten vollauf beschäftigt sind, und sich aus der Fläche der Städte zurückgezogen haben. Selbstverständlich liegt das nicht daran, dass bei der Polizei, den Ordnungsämtern oder den Gerichten eine große Zahl unmotivierter Menschen arbeitet. Vielmehr sollte auch Herrn Lammert bekannt sein, dass die Verfolgung von Gesetzesverstößen in Deutschland in erster Linie durch fehlende Staatsanwälte, Richter, aber auch durch unzureichend besetzte Polizeiinspektionen und Ordnungsbehörden erschwert wird. Hier Abhilfe zu schaffen, hat die Politik seit langem verschlafen.
Dr. Sebastian Wien Bonn