Rheinische Post

Nur sechs elektronis­che Fußfesseln

Das NRW-Polizeiges­etz ermöglicht den Einsatz der Sender – genutzt werden sie kaum.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Im vergangene­n Monat wurden in Nordrhein-Westfalen sechs Personen mithilfe einer elektronis­chen Fußfessel überwacht. Das teilte das hessische Justizmini­sterium auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die bundesweit­e Fußfessel-Überwachun­gsstelle sitzt in einem Hochsicher­heitsgefän­gnis im hessischen Weiterstad­t. Die Mehrheit der NRW-Fußfesselt­räger wurde dabei auf Veranlassu­ng der Justiz überwacht und nicht auf Veranlassu­ng der Polizei – in der Regel zur Kontrolle von bereits verurteilt­en Straftäter­n nach der Haftentlas­sung.

Insgesamt wurden in Weiterstad­t den Angaben zufolge im vergangene­n Monat 110 sogenannte Probanden überwacht. Bayern ließ mit 31 die meisten Fußfesselt­räger überwachen, gefolgt von Sachsen (15), Mecklenbur­g-Vorpommern (13), Baden-Württember­g und Hessen (je 12), NRW (6), Niedersach­sen (4), Sachsen-Anhalt und Thüringen (je 3), Hamburg, Berlin, Brandenbur­g und Rheinland-Pfalz (je 2) sowie Schleswig-Holstein, dem Saarland und Bremen (je 1). Die meisten„Probanden“wurden im Juli wegen Sexualdeli­kten (78) oder Gewaltdeli­kten (29) überwacht. Auf Grundlage des neuen Polizeiges­etzes wurden in NRW in der gesamten ersten Jahreshälf­te dagegen nur zwei Personen per Fußfessel kontrollie­rt, wie das NRW-Innenminis­terium auf Anfrage mitteilte. In einem weiteren Fall war das Anlegen der Fessel bereits beschlosse­ne Sache, wurde aber nicht umgesetzt, weil der Betroffene dann doch schon vorher ins Gefängnis musste.

Das Gesetz hatte die schwarz-gelbe Landesregi­erung im Dezember 2018 gegen erhebliche Widerständ­e durchgeset­zt. Anders als die Justiz, die das Instrument bei verurteilt­en Straftäter­n schon länger anwenden darf, ermöglicht das neue Polizeiges­etz den Einsatz auch vorbeugend, um noch nicht verurteilt­e potenziell­e Terroriste­n, aber zum Beispiel auch Stalker von Straftaten abzuhalten. Die elektronis­che Fußfessel sendet mehrmals pro Minute ein GPS-Signal mit dem genauen Aufenthalt­sort des Trägers an die Überwachun­gsstelle. Wird der vorgegeben­e Bewegungss­pielraum überschrit­ten, kontaktier­en die Behörden den Träger in der Regel zunächst per Mobiltelef­on.

Obwohl die Gerichte in Nordrhein-Westfalen die Fußfessel vergleichs­weise selten anordnen, ist NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) von ihr überzeugt. „Die Erfahrung aus den bisherigen Fällen zeigt uns, dass die Fußfessel ihren Zweck erfüllt und die Betroffene­n in den zugewiesen­en Aufenthalt­sbereichen geblieben sind.“

Bei den beiden NRW-Fußfesselt­rägern ging es in einem Fall um einen sogenannte­n Gefährder, dem die Sicherheit­sdienste eine Terrortat zutrauten. Im zweiten Fall wurde die Fessel gegen einen Stalker eingesetzt, der Mitte Juli aus der Haft entlassen worden war.

Eine elektronis­che Fußfessel wiegt weniger als 200 Gramm, ist wasserdich­t, und der Akku hält bis zu 50 Stunden. In der hessischen Überwachun­gszentrale gibt es pro Schicht etwa 20 Alarme – in 80 Prozent der Fälle, weil der Akku der Fußfessel bald leer ist.

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FOTO: DPA Ein Mann trägt eine elektronis­che Fußfessel.

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