Nur sechs elektronische Fußfesseln
Das NRW-Polizeigesetz ermöglicht den Einsatz der Sender – genutzt werden sie kaum.
DÜSSELDORF Im vergangenen Monat wurden in Nordrhein-Westfalen sechs Personen mithilfe einer elektronischen Fußfessel überwacht. Das teilte das hessische Justizministerium auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die bundesweite Fußfessel-Überwachungsstelle sitzt in einem Hochsicherheitsgefängnis im hessischen Weiterstadt. Die Mehrheit der NRW-Fußfesselträger wurde dabei auf Veranlassung der Justiz überwacht und nicht auf Veranlassung der Polizei – in der Regel zur Kontrolle von bereits verurteilten Straftätern nach der Haftentlassung.
Insgesamt wurden in Weiterstadt den Angaben zufolge im vergangenen Monat 110 sogenannte Probanden überwacht. Bayern ließ mit 31 die meisten Fußfesselträger überwachen, gefolgt von Sachsen (15), Mecklenburg-Vorpommern (13), Baden-Württemberg und Hessen (je 12), NRW (6), Niedersachsen (4), Sachsen-Anhalt und Thüringen (je 3), Hamburg, Berlin, Brandenburg und Rheinland-Pfalz (je 2) sowie Schleswig-Holstein, dem Saarland und Bremen (je 1). Die meisten„Probanden“wurden im Juli wegen Sexualdelikten (78) oder Gewaltdelikten (29) überwacht. Auf Grundlage des neuen Polizeigesetzes wurden in NRW in der gesamten ersten Jahreshälfte dagegen nur zwei Personen per Fußfessel kontrolliert, wie das NRW-Innenministerium auf Anfrage mitteilte. In einem weiteren Fall war das Anlegen der Fessel bereits beschlossene Sache, wurde aber nicht umgesetzt, weil der Betroffene dann doch schon vorher ins Gefängnis musste.
Das Gesetz hatte die schwarz-gelbe Landesregierung im Dezember 2018 gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt. Anders als die Justiz, die das Instrument bei verurteilten Straftätern schon länger anwenden darf, ermöglicht das neue Polizeigesetz den Einsatz auch vorbeugend, um noch nicht verurteilte potenzielle Terroristen, aber zum Beispiel auch Stalker von Straftaten abzuhalten. Die elektronische Fußfessel sendet mehrmals pro Minute ein GPS-Signal mit dem genauen Aufenthaltsort des Trägers an die Überwachungsstelle. Wird der vorgegebene Bewegungsspielraum überschritten, kontaktieren die Behörden den Träger in der Regel zunächst per Mobiltelefon.
Obwohl die Gerichte in Nordrhein-Westfalen die Fußfessel vergleichsweise selten anordnen, ist NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) von ihr überzeugt. „Die Erfahrung aus den bisherigen Fällen zeigt uns, dass die Fußfessel ihren Zweck erfüllt und die Betroffenen in den zugewiesenen Aufenthaltsbereichen geblieben sind.“
Bei den beiden NRW-Fußfesselträgern ging es in einem Fall um einen sogenannten Gefährder, dem die Sicherheitsdienste eine Terrortat zutrauten. Im zweiten Fall wurde die Fessel gegen einen Stalker eingesetzt, der Mitte Juli aus der Haft entlassen worden war.
Eine elektronische Fußfessel wiegt weniger als 200 Gramm, ist wasserdicht, und der Akku hält bis zu 50 Stunden. In der hessischen Überwachungszentrale gibt es pro Schicht etwa 20 Alarme – in 80 Prozent der Fälle, weil der Akku der Fußfessel bald leer ist.