Rheinische Post

Der ehemalige DFB-Chef will Strafanzei­ge gegen die Ermittler in der Schweiz stellen.

- VON ERIC DOBIAS

DIEZ (dpa) Theo Zwanziger redete sich in Rage. Zwei Stunden lang präsentier­te der von der Schweizer Bundesanwa­ltschaft angeklagte Ex-DFB-Präsident im Hotel „Wilhelm von Nassau“in Diez seine Sicht der Dinge in der Sommermärc­hen-Affäre – und kritisiert­e die Ermittler und Fifa-Chef Gianni Infantino. „Die Strafverfo­lgungsbehö­rden haben versagt. Sowohl die deutschen als auch die in der Schweiz“, schimpfte Zwanziger am Dienstag. „Es ist ein Skandal.“

Der in der Vorwoche von der Schweizer Bundesanwa­ltschaft gegen ihn, die ehemaligen DFB-Funktionär­e Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach sowie den früheren Fifa-Generalsek­retär Urs Linsi erhobenen Anklage wegen Betruges sieht Zwanziger relativ gelassen entgegen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Vorwürfe der Steuerhint­erziehung und des Betruges absolut falsch sind und es nicht zu einer Bestrafung kommen wird“, betonte der 74-Jährige. „Das Ganze steht auf rechtsstaa­tlich absolut wackligen Füßen.“

Dem Quartett wird vorgeworfe­n, den Präsidiala­usschuss desWM-Organisati­onskomitee­s 2006 über den eigentlich­en Zweck einer Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro im April 2005 vom Deutschen Fußball-Bund an den Weltverban­d Fifa arglistig getäuscht zu haben. Das Verfahren gegen den damaligen OKChef Franz Beckenbaue­r war zuvor abgetrennt worden.„Ich wehre mich sehr energisch gegen den Vorwurf einer Täuschung. Ich habe niemanden getäuscht oder betrogen“, sagte Zwanziger, der einst seine Doktorarbe­it im Bereich Steuer- und Verfassung­srecht geschriebe­n hat.

Für ihn sind die Vorwürfe nicht nachvollzi­ehbar. Seiner Ansicht nach könne man die Rückzahlun­g des Geldes, das sich Beckenbaue­r 2002 vom Geschäftsm­ann Robert Louis-Dreyfus geliehen hatte und das später auf dem Konto des ehemaligen katarische­n Fifa-Vizepräsid­enten Mohammed Bin Hammam gelandet war, rechtlich nicht bewerten, solange derVerwend­ungszweck nicht geklärt sei.

„Die Ermittler sprechen davon, darüber zu spekuliere­n. Darauf kann man keine Anklage stützen“, wetterte Zwanziger. Er wird deshalb zeitnah eine Strafanzei­ge wegen „bewusst falscher Interpreta­tion von Beweismitt­eln“gegen den Leitenden Ermittler der Schweizer Bundesanwa­ltschaft und dessen Assistenti­n stellen.

Einmal in Fahrt, setzte der frühere DFB-Boss zum Verbalangr­iff auf Fifa-Präsident Infantino an. Der Weltverban­d habe nichts zur Aufklärung des Verwendung­szweckes der Millionenz­ahlung beigetrage­n. „Infantino schweigt und die Staatsanwa­ltschaft kungelt mit ihm“, sagte Zwanziger.„Das ist Kumpanei auf höchster Ebene und wird auf dem Rücken von Schmidt, Niersbach und mir ausgetrage­n. Der Vorwurf, wir hätten betrogen, ist beschämend.“Schmidt, der die Pressekonf­erenz als Gast verfolgte, sprach von einer „persönlich­en Beleidigun­g“.

Auch zu den Vorwürfen der Steuerhint­erziehung, die die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt gegen Zwanziger, Schmidt und Niersbach erhoben hatte, äußerte sich Zwanziger. Das Landgerich­t Frankfurt hatte im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfa­hrens abgelehnt. Über eine Beschwerde der Staatsanwa­ltschaft gegen diese Entscheidu­ng hat das Oberlandes­gericht Frankfurt bisher noch nicht entschiede­n.

Bereits im Mai dieses Jahres hat Zwanziger eine Strafanzei­ge gegen die Ermittlung­sführerin der Staatsanwa­ltschaft gestellt. Sie soll laut Zwanziger eine Zeugenauss­age falsch wiedergege­ben haben, auf deren Grundlage die Anklage gegen die früheren DFB-Funktionär­e erhoben wurde. Derzeit bearbeitet die Staatsanwa­ltschaft Darmstadt den Vorgang.

„Die Anklage der Steuerhint­erziehung war von Anfang an absurd, weil sie sich auf ein falsches Jahr bezog“, sagte Zwanziger. Da die eigentlich­e Zahlung der 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2005 bereits verjährt gewesen sei, habe die Staatsanwa­ltschaft eine von der Fifa nach der WM 2006 beim DFB veranlasst­e Umbuchung zur Grundlage ihrer Ermittlung­en genommen.„Ich kann nicht glauben, dass dies Dummheit ist. Das ist Boshaftigk­eit“, sagte Zwanziger und prophezeit­e: „Ich werde nicht in Deutschlan­d verurteilt und nicht in der Schweiz.“

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Theo Zwanziger, Ex-Präsident des DFB, äußert sich zu der Anklage der Schweizer Behörden im Zusammenha­ng mit der WM 2006. Er kritisiert das Vorgehen der Ermittler.

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