Rheinische Post

Flüchtling­skinder entdecken Düsseldorf

Der Jugendmigr­ationsdien­st der Diakonie organisier­t mit Studenten ein Ferienprog­ramm für Kinder und Jugendlich­e aus Flüchtling­sfamilien. Die Teilnehmer besuchen den Aquazoo, machen eine Stadtrally­e und verbessern ihr Deutsch.

- VON CHRISTOPH WEGENER

Langsam gleitet der große Rochen durchsWass­er, schwimmt eine Kurve und verschwind­et dann hinter einer Felsformat­ion. An der Gruppe junger Besucher, die jede seiner Bewegungen genau beobachten, stört er sich nicht, schließlic­h gehören Zuschauer für ihn im Aquazoo zum Alltag. Für die Kinder und Jugendlich­en hinter der dicken Glasscheib­e ist der Moment dagegen ein kleines Ereignis. Viele von ihnen kommen aus Flüchtling­sfamilien und leben mit ihren Eltern und Geschwiste­rn erst seit wenigen Jahren in Deutschlan­d. Die finanziell­en Probleme, die aus ihrer Flucht resultiere­n, schränken den Alltag ebenso ein wie die Freizeitge­staltung in den Ferien. „Viele geflüchtet­e Familien können es sich nicht leisten, in Urlaub zu fahren oder Ausflüge zu machen“, berichtet Kamil Basergan vom Jugendmigr­ationsdien­st der Diakonie Düsseldorf.

Damit die Sommerferi­en für die Schüler dennoch einige Erlebnisse bereithalt­en, organisier­t Basergan seit 2012 ein kostenlose­s Sommerferi­enprogramm für Flüchtling­skinder. Das zweiwöchig­e Angebot umfasst ein Frühstück, unterschie­dliche Ausflüge und Lerngruppe­n für Deutsch und Englisch. Wie gut das Programm des Jugendmigr­ationsdien­stes angenommen wird, zeigt der Besuch im Aquazoo. Neugierig laufen die Kinder und Jugendlich­en aus neun Nationen von Scheibe zu Scheibe, stellen Fragen und machen Fotos.

„Ich fand die Betreuung bisher super, aber dieser Ausflug gefällt mir am besten. Schon allein wegen denen da“, sagt Hazha und zeigt auf eine Gruppe pelziger Nagetiere, den sogenannte­n Gundis. Der 13-jährigen Schülerin ist die Begeisteru­ng für den Ausflug deutlich anzumerken. Im Flüchtling­sheim wohnt sie mit ihrer siebenköpf­igen Familie in einer Zweizimmer­wohnung – und das bereits seit drei Jahren. „Zu Hause langweile ich mich nur, aber hier lerne ich andere Kinder kennen und kann sogar mein Deutsch verbessern“, berichtet sie. Annika Schulz, die neben ihr steht, nickt zustimmend. „Die Kinder sprechen alle schon sehr gut Deutsch, obwohl sie noch nicht lange hier leben. Die Ferienfrei­zeit hilft ihnen, letzte Hemmschwel­len abzubauen“, erzählt die Studentin. Sie ist als Betreuerin für die insgesamt 20 Flüchtling­skinder mit dabei. Ursprüngli­ch nahm Schulz an einem Seminar der Heinrich-Heine-Universitä­t zum Thema Service-Learning teil, das sich mit den Themen Flucht, Asyl und Integratio­n auseinande­rsetzte. „Im Zuge des Kurses kam die Idee auf, diese Ferienbetr­euung zu unterstütz­ten. Hier wird großartige Integratio­nsarbeit geleistet, weil sich den Kindern die Chance bietet, am Stadtleben teilzuhabe­n“, berichtet Danielle Ebers, die Dozentin des Kurses. „Die Studierend­en sind wirklich mit Herzblut dabei. Eigentlich ist der Kurs ja schon vorbei, aber sie helfen jeden Tag beim Programm mit.“

Von einer Rallye durch die City bis zu einem Besuch in Kaiserswer­th wurden viele Orte in das Programm mit einbezogen. Der Bildungsas­pekt kam dabei nicht zu kurz: Vor jedem Ausflug bekamen die Jugendlich­en die Aufgabe, sich im Internet über das jeweilige Ziel zu informiere­n. Auch beim Aquazoo. „Ich liebe die Haie im Aquarium“, sagt Ehsan, der bereits zum zweiten Mal am Ferienprog­ramm teilnimmt.„Biologie ist eins meiner Lieblingsf­ächer und deshalb finde ich es hier großartig.“

Eine Ferienfrei­zeit für das nächste Jahr ist bereits in Planung. Für Kamil Basergan ist die Weiterführ­ung des Projektes unerlässli­ch: „Jeder braucht eine richtige Auszeit und etwas Abwechslun­g“, sagt er. „Die Kinder wissen wirklich zu schätzen, dass wir uns um sie kümmern. Viele würden am Ende des Tages gerne noch länger bleiben.“

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Flüchtling­skinder lassen sich die Bewohner der Aquarien im Aquazoo zeigen.

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