Berufsschüler arbeiten fünf Wochen lang in Madagaskar
Mit Unterstützung des Vereins „Lernen-Helfen-Leben“haben Schüler des Franz-JürgensBerufskollegs im Inselstaat vor der afrikanischen Ostküste Projekte umgesetzt.
Weiße Sandstrände, tropische Urwälder und eine exotische Artenvielfalt – so in etwa stellt man sich die ostafrikanische Insel Madagaskar vor. Auch Hannah Schürmann hatte vor ihrem Besuch so eine Vorstellung im Kopf. „Ein bisschen so, wie man es aus dem Film kennt“, sagt die 16-Jährige.
Doch die traurige Realität sieht anders aus. Waren ursprünglich 53 Millionen Hektar und damit 90 Prozent der Inselfläche mit Wald bedeckt, sind nach Schätzungen der Umweltschutzorganisation WWF davon heute nur noch zehn Prozent erhalten. Jährlich werden 120.000 Hektar Wald gerodet. Vornehmlich, um Ackerland für die Landwirtschaft zu schaffen. Aber auch zur Gewinnung von Brennholz und Holzkohle fallen große Bestände zum Opfer. Denn traditionell werden Mahlzeiten auf Madagaskar auf einem sogenannten Drei-Steine-Kocher gekocht, der mit Kohle befeuert wird. Doch diese sind relativ ineffizient, verbrauchen dazu viel Holzkohle.
Zusammen mit ihren Klassenkameraden vom Franz-Jürgens-Berufskolleg hat sich Schürmann lange mit dieser Thematik beschäftigt. Im Fach Umweltschutztechnik, welches am Franz-Jürgens-Kolleg ab der Oberstufe wählbar ist, befassen sich die angehenden Abiturienten mit Schwerpunkt Maschinenbautechnik mit technischen Lösungen für umweltschädliche Problematiken. Dadurch hörten sie auch von einem Projekt von Studenten der Universität Madagaskar, die bereits seit fünf Jahren mit alternativen Kochern den Holzverbrauch eindämmen wollen. Doch entweder hielt das Material nicht lange oder die Kocher wurden durch die Herstellung zu teuer für die allgemeine Bevölkerung. Zusammen mit ihren Lehrern Beate Sieverdingbeck und Jörn Lutat experimentierten die Berufsschüler im fernen Düsseldorf mit. „Wir haben uns viele Gedanken gemacht und mussten oft kreativ sein“, erklärt Schürmann. Heraus kamen Gussformen für Betonkocher, die die Düsseldorfer den madagassischen Studenten zeigen wollten – und zwar vor Ort.
FünfWochen hat die Gruppe, darunter drei Techniker-Azubis und Lehrerin Sieverdingbeck, nun in Madagaskar verbracht. Den Kontakt zu den Studenten vermittelte der Verein „Lernen-Helfen-Leben“, der bereits seit fast 30 Jahren Entwicklungszusammenarbeit in Afrika vorantreibt und auch die Materialien und Werkzeuge stellte. Zusammenarbeit war hierbei besonders nötig, denn auch der Düsseldorfer Kocher musste den Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. „Wir mussten auf die Erfahrungen und Gebräuche der Madagassen eingehen. Schließlich kochen wir zu Hause elektronisch, die Menschen dort jedoch schon immer mit Kohle. Dafür waren die Studenten sehr wissbegierig“, sagt Schürmann. Die einheimischen Studenten lernten auch grundlegende Arbeitstechniken von den Schülern. Zum Beispiel Schweißen, denn die dafür benötigten Geräte fehlten bis zum Besuch der Düsseldorfer noch an der madagassischen Universität. Und die Geräte, die vorhanden waren, waren meist in schlechtem Zustand. „Bevor wir arbeiten konnten mussten wir die auch erst einmal reparieren.“
Den Aufenthalt konnten sich die Schüler als ihr Berufspraktikum anrechnen lassen. Das Austauschprogramm „Konkreter Friedensdienst“des Landes unterstützte sie mit 800 Euro pro Person. Den Rest zahlten die Schüler selbst. Dafür nutzten sie die Gelegenheit, Land und Leute zu erkunden. Die Zerstörung der Umwelt und der extreme Unterschied zwischen Arm und Reich mache sie traurig, erzählt Schürmann. Doch die übrig gebliebene Landschaft, die Freundlichkeit der Menschen und die Arbeit am Projekt seien eine einmalige Erfahrung gewesen. „Und durch das Improvisieren vor Ort habe ich mehr gelernt als in irgendeinem Betrieb“, sagt sie.