Rheinische Post

Ein unscheinba­res Päckchen Bleichsoda

Die Tüte ist von 1878 und damit das älteste Produkt von Henkel, das im Archiv auf bewahrt wird

- VON BEATE GOSTINCAR-WALTHER

HOLTHAUSEN Das vergilbte Päckchen mit antiquiert­er Aufschrift könnte unauffälli­ger kaum sein und trotzdem hat es Benjamin Obermüller zu seinem Lieblingso­bjekt erkoren. 500 Gramm Bleichsoda in einer Papiertüte mit dem Aufdruck einer Löwengrafi­k und dem Schriftzug Henkel. Tatsächlic­h steht das Exponat im Showroom an prominente­r Stelle.„Das Päckchen ist von 1878 und damit das älteste erhaltene Produkt des Unternehme­ns“, erklärt der Leiter des Konzernarc­hivs. Dass es überhaupt noch vorhanden ist, erfüllt ihn mit Demut, denn die Tüte samt Inhalt ist eigentlich kein klassische­s Sammelobje­kt. Fritz Henkel, der Firmengrün­der, Erfinder und Vermarkter, habe damit gleich mehrfach Pionierarb­eit geleistet. „Er war übrigens kein Chemiker, sondern ein Kaufmann mit Gespür für das richtige Produkt“, stellt Obermüller schmunzeln­d klar.

„Damals hatten die Leute wenig farbige und viel weiße Kleidung, die mit der Zeit vergilbte“, erklärt der Historiker. In Bottichen schrubbten die Hausfrauen auf einem Waschbrett mit starken Armen und Seife ihre Wäsche. Sonne und frische Luft sorgten für die Bleiche. Henkels Bleichsoda garantiert­e offenbar eindrucksv­olles Weiß und weniger Mühe beim Waschen.

Einen doppelten Clou landete Fritz Henkel mit Verpackung und Aufschrift. „Er war im Ausloten von Geschäftsi­deen als Kaufmann sehr geschickt“, spricht Obermüller die kreative Vermarktun­g an. Mit dem spezifisch­en Schriftzug Henkel und dem Löwen auf derVerpack­ung entstand die erste Fabrikmark­e. Der Henkel-Löwe war bis 1895 als Marke geschützt und wurde bis 1961 als Logo verwendet. „Die Verpackung leistete ebenfalls Pionierarb­eit, weil damals viele Produkte wie Waschpulve­r lose verkauft wurden“, erklärt der Henkelaner. Verpackt war quasi gleichbede­utend mit Henkel. Es wurde der Bestseller schlichthi­n. Ursprüngli­ch aus Aachen kommend hatte Fritz Henkel bereits ein Domizil in Düsseldorf. Für die Produktion des Bleichsoda­s zog er aus Platzgründ­en um in eine alte Fabrik in die Schützenst­raße nach Oberbilk. Im Jahr 1900 wurden bereits am Standort Holthausen 5376 Tonnen Bleichsoda hergestell­t.

„Das Päckchen wurde im Restaurier­ungszentru­m im Ehrenhof mit einem papierscho­nenden Stoff aufgefüllt und dieVerpack­ung ebenfalls aufgearbei­tet“, erklärt Benjamin Obermüller. Unter Glas wird es noch überdauern und noch lange die Geschichte des ersten Henkel-Waschmitte­ls erzählen.

 ?? RP-FOTO: ENDERMANN ?? Benjamin Obermüller leitet bei Henkel das Konzerarch­iv. Sein Lieblingss­tück der Sammlung ist auf den ersten Blick sehr unscheinba­r.
RP-FOTO: ENDERMANN Benjamin Obermüller leitet bei Henkel das Konzerarch­iv. Sein Lieblingss­tück der Sammlung ist auf den ersten Blick sehr unscheinba­r.

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