Wenn der Hund nicht einreisen darf
Am Flughafen Düsseldorf werden pro Jahr bis zu 100 Hunde und Katzen beschlagnahmt, weil die vorgeschriebenen Papiere fehlen. Was mit den Tieren der Reisenden passiert – und was man beim Flug mit Haustier beachten muss.
DÜSSELDORF Wenn die Reise für Hunde und Katzen plötzlich zu Ende ist, klingelt bei Klaus Meyer und seinen Kollegen das Telefon. Der Flughafenzoll informiert die Tierärzte vom Düsseldorfer Veterinäramt, wenn ein Passagier nicht die vorgeschriebenen Papiere vorlegen kann, um mit seinem Haustier einzureisen. Dann beginnt ein akribisch festgelegter Ablauf, an dem Amt und Flughafen lange gefeilt haben – und zugleich ein oft monatelanges Warten für Tier und Halter.
Die Mitnahme von Haustieren auf Flugreisen ist verbreitet: Im vergangenen Jahr sind ab Düsseldorf allein 5615 Tiere mit Eurowings geflogen, der Fluggesellschaft mit den meisten Starts und Landungen in Düsseldorf. Sie nimmt nur kleine Tiere bis acht Kilogramm mit, die in einer Box in der Kabine reisen müssen. Die Tiere begleiten die Menschen bei Urlauben, Besuchen oder Umzügen – auch wenn Tierschutzverbände raten, ihnen den Stress einer Flugreise zu ersparen.
Der Zoll beschlagnahmt am passagierstärksten Airport in NRW pro Jahr rund 80 bis 100 Haustiere. Aus Sicht der Veterinärbehörden sind die Flugreisen riskant – vor allem mit Blick auf Tollwut. Seit 2008 gilt der Erreger hierzulande als ausgestorben, in vielen Teilen der Welt ist das für Menschen potentiell tödliche Virus aber verbreitet. „Es war ein langer Weg zur Freiheit von Tollwut, das wollen wir nicht mehr aufgeben“, sagt Tierarzt Meyer, der das Düsseldorfer Veterinäramt leitet.
Da Flughäfen als mögliche Einfalltore gelten, müssen Halter einen Tollwutschutz nachweisen. Innerhalb der EU geht das relativ einfach mit den entsprechenden Impf-Einträgen im blauen Heimtierausweis, für Einreisen aus sogenannten Drittländern gelten strengere Regeln, insbesondere für sogenannte nicht gelistete Länder, in denen die Tollwutüberwachung aus Sicht der deutschen Behörden bedenklich ist. Dazu zählen beliebte Reiseländer wie Ägypten, Serbien und die Türkei. Dort muss etwa vor dem Flug in einem bestimmten Zeitraum ein Bluttest bei einem autorisierten Tierarzt absolviert werden.
Für Tiere, deren Halter die Papiere nicht vorlegen können, endet die Reise bis aufWeiteres in einem holzvertäfelten Bau neben der Frachtabfertigung am Airport – und sozusagen im Raum zwischen den Staaten. Die Bundesrepublik verweigert die Einreise. Die Transportboxen mit den Tieren werden über das Vorfeld des Flughafens zu der sogenannten Tierverwahrstation gebracht. Hinter Gittern müssen die Tiere bis zu drei Tage darauf warten, dass die Menschen die Formalien klären. Mitarbeiter des Flughafens wurden geschult darin, die Tiere vorübergehend zu versorgen.
Der vor zwei Jahren eröffnete Neubau ist so konstruiert, dass er eine Ausbreitung von möglichen Erregern in jedem Fall verhindert – selbst das Putzwasser wird aufgefangen und speziell gereinigt. Tierarzt Meyer, der an der Planung beteiligt war, sagt, man habe zugleich versucht, den Aufenthalt für die Tiere möglichst wenig unangenehm zu gestalten: Die Außenfenster sind groß und bodentief, damit die Tiere Tageslicht bekommen und eine Aussicht nach draußen haben. Es gibt sogar einen kleinen Auslauf. Der Bau verfügt auch über einen Bereich für Vögel – der eigens belüftet wird, da sich die Erreger der Vogelgrippe über die Luft ausbreiten können. Eine Sommertour der Düsseldorfer Stadtratsfraktion der Grünen erlaubte jetzt ausnahmsweise einen Blick in die Einrichtung.
In 72 Stunden entscheiden die Behördenvertreter in Absprache mit den Haltern, was mit den Tieren passiert. Es gibt drei Möglichkeiten: Eine Einschläferung hat es laut Tierarzt Meyer in Düsseldorf noch nicht gegeben. Wenn geklärt ist, dass jemand das Tier in Empfang nimmt, kann es zum Herkunftsflughafen zurückgeschickt werden. Die Alternative: Quarantäne. Weil sich die Symptome der Tollwut oft erst lange nach der Infektion zeigen, müssen Hunde und Katzen bis zu drei Monate in einem Quarantänebereich im Düsseldorfer Tierheim im Stadtteil Rath verbringen. Dort erfolgen auch Untersuchungen. Für die Kosten von rund 1000 Euro kommt der Halter auf – genau wie für den Rückflug.
Amtstierärztin Karoline Zeidler rät Haltern, die auf eine Flugreise mit tierischer Begleitung nicht verzichten wollen, sich frühzeitig zu informieren. Die Verantwortung liege bei ihnen, das örtliche Veterinäramt helfe bei Fragen. Ein amtstierärztliches Zeugnis sei für manche Länder vorgeschrieben – aber immer ratsam und koste nur 20 Euro Gebühren. Die Fluggesellschaften informieren auf ihren Internetseiten, unter welchen Umständen sie Tiere überhaupt mitnehmen.
Der Zoll am Düsseldorfer Flughafen wird bei Tieren nicht nur wegen möglicher Krankheitserreger, sondern auch wegen des Artenschutzes tätig. 47 Verstöße gegen internationale Abkommen wurden im vergangenen Jahr festgestellt. Die Zöllner haben schon Korallen, Ringe aus Elefantenhaar oder Schwerthalfter aus Elfenbein gefunden. Auch lebende Schildkröten oder Frösche geschützter Arten sind als Schmuggelware beschlagnahmt worden, kürzlich gar zwei geschützte Blutegel in einer Wasserflasche. Exoten, die nicht zu den klassischen Tierheimbewohnern gehören, werden oft direkt in der Landeshauptstadt kompetent versorgt. „Zum Glück haben wir die Spezialisten im Aquazoo“, sagt Meyer.